Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereich Sozial- & Kulturwissenschaften
Faculty of Social Sciences and Cultural Studies



​Forschungsstelle FNuST

Die FNuST arbeitet zu mehreren thematischen Schwerpunkten. Im Mittelpunkt stehen subjektorientierte Forschungsperspektiven, die Gestaltung des Sozialraums und die soziale Teilhabe insbesondere von Menschen in prekarisierten Lebenslagen. Diese drei Schwerpunkte beschreiben nicht nur einen Gegenstand, sondern auch die Forschungsperspektive der FNuST. Thema und Weg verschränken sich und nehmen Bezug aufeinander. Daneben beschäftigt sich die FNuST insbesondere mit Fragen von zivilgesellschaftlichem Engagement und Freiwilligenarbeit sowie mit partizipativen Forschungsmethoden.


Nutzer*innen

Nutzer*innen – je nach Perspektive auch Adressat:innen, Nicht-Nutzer:innen oder einfach die Leute – sind der Dreh- und Angelpunkt der Forschung an der FNuST. Bei der Anwendung von subjektorientierten Forschungsperspektiven gehen wir von den Adressat*innen Sozialer Arbeit aus und stellen deren Perspektive in den Fokus. Im Mittelpunkt stehen der Nutzen und Nicht-Nutzen sozialer Dienstleistungen, die Aneignungsweisen und -strategien im Umgang mit Angeboten Sozialer Arbeit und die relationale Handlungsfähigkeit der Leute in ihrem Alltag. Statt institutioneller Logiken und programmatischen Setzungen geraten so auch die Grenzen, Barrieren und Ausschließungen der Institutionen und Angebote Sozialer Arbeit sowie der eigensinnige Umgang von Nutzer*innen und Nicht-Nutzer*innen mit sozialen Dienstleistungen und sozialstaatlichen Anrufungen in den Blick.

Solche Ansätze werden u. a. für die Institutionsanalyse, für Praxisforschung oder selbst im Kontext von Sozialraum- und Regimeanalysen eingesetzt. So untersucht beispielsweise das Forschungsprojekt IZESO​, welche institutionellen Begrenzungen dazu führen, dass Menschen sich nicht engagieren können, während das Forschungsprojekt NuHa den subjektiven Gebrauchswert von Angeboten Sozialer Arbeit für Menschen mit Hafterfahrung empirisch analysiert. Auch im Rahmen von Sozialraumanalysen bieten akteurszentrierte Forschungsperspektiven einen zentralen Fokus und sind somit auch Ausgangspunkt für Makropraxis Sozialer Arbeit.


Sozialraum

Angesichts demografisch und sozialstrukturell absehbarer Veränderungen unserer Gesellschaft setzt sich in Politik, Verwaltung und Wissenschaft zunehmend die Erkenntnis durch, dass den damit einhergehenden Herausforderungen vor Ort, in den Stadt- und Ortsteilen und damit im unmittelbaren Lebens- und Aktionsraum der Menschen, im Sozialraum, zu begegnen ist. Ein sozialräumliches Verständnis von Sozialer Arbeit stellt individuelle Schwierigkeiten und Herausforderungen in einen lebensweltlichen und gesamtgesellschaftlichen Kontext. Damit verbunden ist u. a. die Möglichkeit, den Blick für strukturelle Zusammenhänge zu öffnen und nach Ortseffekten zu fragen. 

Dieser Perspektive folgend geraten wie im Forschungsprojekt Raumerleben junger Geflüchteter oder im Rahmen von Sozialraumanalysen mit spezifischen Zielgruppen unmittelbar die 'Beschaffenheit', die 'Funktion' oder auch 'die Themen' der jeweiligen Sozialräume in den analytischen Fokus. Dabei werden gleichwohl kollektiv erfahrene sowie gesellschaftlich und politisch gerahmte Umweltstrukturen und -bedingungen ebenso wie individuell differenzierte Lebensweltperspektiven ausdrücklich berücksichtigt. Das Forschungsprojekt zu den offenen Drogenszenen in NRW (ODS NRW 2024) ist dafür ein Beispiel und zeigt den engen Zusammenhang von strukturellen Bedingungen und individuellen Handlungsmöglichkeiten.


Teilhabe

Teilhabe bezeichnet die gleichberechtigte Möglichkeit aller Menschen, am gesellschaftlichen Leben mitzuwirken und gesellschaftliche Güter zu nutzen – unabhängig von z. B. ihrem Einkommen, ihrer Herkunft oder ihrer Lebenslage. Dabei gehen wir davon aus, dass alle Güter – materielle wie immaterielle – nicht von einzelnen, sondern immer gesellschaftlich erzeugt werden. Die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen betrifft dabei nicht nur Fragen der materiellen Ressourcen, sondern ebenso der sozialen, kulturellen oder politischen Güter.

In der Forschungsstelle beschäftigen wir uns vor allem mit Situationen, in denen Menschen gesellschaftliche Teilhabe verwehrt wird, weil sie z. B. wohnungslos, arbeitslos oder in Haft sind oder weil ihre Mitbestimmung erschwert wird. Wir fragen, wie die Ausschließung erfolgt und was zu größerer gesellschaftlicher Teilhabe beiträgt. So geht es z. B. im Projekt NiMo um den Zugang zu elementaren Grundbedürfnissen: Wohnen, Sicherheit, gesundheitliche Versorgung. Im Projekt Ideen gegen Armut haben wir die Möglichkeiten politischer Teilhabe gemeinsam mit Menschen mit Armutserfahrung erkundet und ihre Forderungen und Erwartungen an die Politik gesammelt. Im Projekt EPAM haben wir uns mit den Möglichkeiten von institutionellen Stärkungen im politischen Prozess auseinandergesetzt. Auch das Projekt ESA setzt am Thema der politischen Beteiligung an, weitet es aber auf den zivilgesellschaftlichen Raum aus.


Engagement

Die FNuST erkundet zivilgesellschaftliches Engagement auf vielfältige Weise: Sie fragt nach der Bedeutung von zivilgesellschaftlichem Engagement für das gesellschaftliche Leben und nach den Formen, die es im Zusammenspiel mit Staat, Wirtschaft und privaten Gemeinschaften einnimmt. Für die Soziale Arbeit ist zivilgesellschaftliches Engagement Treiber, Träger und Kritiker, soziale Dienste gehen aus Engagement ebenso hervor, wie sie durch zivilgesellschaftliche Bewegung in Frage gestellt werden. Das Projekt EZuFöST untersucht, wie ein flexibles und zugleich verlässliches Engagement ältere Menschen bei ihrer gesellschaftlichen Teilhabe unterstützt. Im Mittelpunkt von Izeso steht das informelles Engagement im Sozialraum im Mittelpunkt und damit auch die Frage, welche Grenzmarkierungen und Ausschließungen durch formalisiertes Engagement hervorgebracht werden. Im Projekt ESA untersuchen wir, wie es Menschen gelingt, sich trotz der zahlreichen Schwellen gegen ihren eigenen sozialen Ausschluss einzusetzen.

Die Voluntaris - Zeitschrift für Freiwilligendienste und zivilgesellschaftliches Engagement, die im Nomos Verlag erscheint, hat an der Forschungsstelle ihren redaktionellen Sitz. Die Voluntaris ist eine wissenschaftlich orientierte Informations-, Diskussions- und Dokumentationszeitschrift für den Bereich Freiwilligendienste und zivilgesellschaftliches Engagement. Sie richtet sich an Akteure aus Wissenschaft, Praxis und Politik und fördert damit den Austausch zwischen akademischen und anwendungsbezogenen Perspektiven auf Freiwilligendienste und zivilgesellschaftliches Engagement. In Kooperation mit Voluntaris e.V. wurden auch die ZEFFF 2022 an der HSD und die ZEFFF 2025 in Berlin veranstaltet.


partizipative Forschung

Um dem Zusammenhang von sozialem Ausschluss und wissenschaftlichem Wissen auch methodisch zu begegnen, sind einige der Forschungsprojekte der FNuST partizipativ angelegt. Das heißt, dass Menschen, die von bestimmten Themen betroffen aber keine Wissenschaftler*innen sind, in der Produktion von wissenschaftlichem Wissen eingebunden sind.

Das beginnt schon bei der Themensetzung: In der Untersuchung zur Diskriminierung wohnungsloser Menschen am Wohnungsmarkt (DiWo) waren es die beiden ehemaligen Wohnungslosen Arnd Liesendahl und Michael Müller, die den Anstoß zum Projekt gaben und dann bei allen Schritten der Forschung eingebunden waren. Im Projekt Engagement gegen sozialen Ausschluss (ESA) sind es die Engagierten in verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen, die den Forschungsweg und die Forschungsergebnisse mit gestalten.



Geschichte der Forschungsstelle

Die Forschungsstelle Nutzen Sozialraum Teilhabe (FNuST) wurde von Prof. Dr. Ulrich Deinet unter den damaligen Namen Forschungsstelle für sozialraumorientierte Praxisforschung und -entwicklung (FSPE) gegründet und im Fachbereich Sozialpädagogik und Soziale Arbeit der damaligen Fachhochschule Düsseldorf eingerichtet. Im Mittelpunkt standen zunächst wissenschaftliche Begleitungen von Projektentwicklungen in der Jugendhilfe sowie Kinder- und Jugendbefragungen in Städten in NRW, aber auch außerhalb. In zahlreichen Praxisforschungsprojekten​​ wird dieser Strang von Projekten – auch ergänzt um Sozialraumanalysen, die unterschiedliche Zielgruppen miteinbeziehen – bis heute weitergeführt und hat auch zu einer intensiven Entwicklung praxisorientierter Forschungsmethoden geführt, die zum sozialräumlichen Ansatz heute auch außerhalb der Forschungsstelle in vielen Bereichen anerkannt sind.

In diesem Zusammenhang entstand auch die Initiative zur Gründung des Online-Journals www.sozialraum.de​, das inzwischen mehr als 10 Jahre mit mindestens einer Ausgabe pro Jahr publiziert wird und breite Anerkennung und Rezeption findet.

Über zahlreiche Projekte mit einzelnen Kommunen hinaus ging es auch um Projekte für das Jugendministerium NRW oder andere Institutionen, etwa Expertisen für Kinder- und Jugendberichte oder Untersuchungen zum Wirksamkeitsdialog in NRW etc. Darüber hinaus entwickelte sich die Forschungsstelle auch als Institut für Kindheits- und Jugendforschung, besonders mit dem Schwerpunkt der Entwicklung einer Subjektperspektive und/ oder mit dem Schwerpunkt Sozialraum, die sich in zahlreichen Studien der letzten Jahre niederschlägt, etwa in der Studie zur Untersuchung des Phänomens von Jugendlichen in Shopping-Mals.

Im Jahr 2019 wurde die Basis der Forschungsstelle dadurch erweitert, dass Prof. Dr. Anne van Rießen zusammen mit Prof. Ulrich Deinet die Leitung der Forschungsstelle übernahm, in 2022 wurde das Team durch Prof. Dr. Christoph Gille erweitert. Gemeinsam richtet sich die Forschungsstelle seitdem auf die neuen Schwerpunktthemen aus.

2025 erfolgte die Umbenennung​ der FSPE zur Forschungsstelle Nutzen Sozialraum Teilhabe (FNuST), um das neue Profil auch im Titel deutlich zu machen.

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Prof. Dr. Anne van Rießen​

Diplom-Sozialarbeiterin, Dr. phil., Professorin für Methoden der Sozialen Arbeit an der Hochschule Düsseldorf, Co-Leiterin der Forschungsstelle für sozialraumorientierte Praxisforschung und -entwicklung, Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit und Mitglied des Promotionskollegs NRW. Arbeitsschwerpunkte: Partizipation und Demokratisierung Sozialer Arbeit, Nutzer*innenforschung, Sozialraumbezogene Soziale Arbeit, Makropraxis Sozialer Arbeit.


Prof. Dr. Christoph Gille

Diplom-Sozialarbeiter/Sozialpädagoge, Dr. phil., Professor für Soziale Arbeit in Kontexten von Armut und Ausgrenzung, Co-Leiter der Forschungstelle für sozialraumorientierte Praxisforschung und -entwicklung. Arbeitsschwerpunkte: Prekarisierte Lebenslagen, Wohlfahrtsstaatenforschung von unten und akteursbezogene Perspektiven, Sozialpolitik und Soziale Arbeit, inter- und transnationale Perspektiven in der Sozialen Arbeit.


Prof. Dr. Ulrich Deinet​

Dipl.-Pädagoge (Dr. rer. soc.), war bis 2021 Professor für Didaktik/Methodik der Sozialpädagogik an der Hochschule Düsseldorf. Er ist Co-Leiter der Forschungsstelle für sozialraumorientierte Praxisforschung und -entwicklung (fspe@hs-duesseldorf.de) und Mitherausgeber des Online-Journals „Sozialraum.de“. Freiberuflicher Kindheits- und Jugendforscher, Seminarleiter, Berater und Referent. Arbeitsschwerpunkte: Kooperation von Jugendhilfe und Schule, Sozialräumliche Jugendarbeit, Sozialraumorientierung, Konzept- und Qualitätsentwicklung. ​