Forschung & Maßnahmen
Das Projekt zielt darauf ab, Menschen aus Familien ohne akademische
Tradition mit und ohne Migrationshintergrund beim Zugang zur Hochschule,
im Studienverlauf und beim Übergang in den Beruf oder in ein
weiterführendes Masterstudium zu unterstützen. In diesem Zusammenhang
soll den Prozessmustern nachgegangen werden, wie Bildungsentscheidungen
getroffen werden und wie diese mit Fragen der Finanzierung
zusammenhängen. Mit vielfältigen Forschungsmethoden und Maßnahmen sollen
im Laufe der dreijährigen Projektlaufzeit Barrieren in den Übergängen
und im Verlauf des Studiums aufgedeckt und abgebaut werden. Außerdem
wird eine Sensibilisierung der Hochschule und ihrer Angehörigen für ihre
Strukturen und für vielfältige Ressourcen einer heterogenen
Studierendenschaft im Sinne einer inklusiven Hochschule angestrebt.
Unterteilt
in drei Phasen (Hochschulzugang, Studienverlauf und Übergang) werden im
Folgenden die geplanten Forschungsmethoden und Maßnahmen vorgestellt.
I. Hochschulzugang & Zugangsbarrieren
Gruppendiskussionen im Elternnetzwerk NRW und Entwicklung von Fortbildungsmodulen
Da Eltern im Verlauf von Studienwahl und -entscheidung eine wichtige Rolle spielen können, werden insgesamt drei Gruppendiskussionen mit Eltern durchgeführt. Im Rahmen des Elternnetzwerks NRW* werden beispielhaft die Bildungsaspirationen, Meinungen, Einstellungen und (kollektiven) Orientierungen zu Studium und Hochschule untersucht. In diesem Kontext wird auch der Fortbildungsbedarf der Eltern ermittelt, um im Anschluss daran in Zusammenarbeit mit den Akteur*innen aus den Vereinen Fortbildungsmodule für die Elternarbeit zu entwickeln.
Unter dem Veranstaltungstitel „Stolpersteine und Meilensteine auf dem Weg ins Studium" fand am 21. Juni 2014 bereits die erste der drei Gruppendiskussionen im Elternnetzwerk NRW statt. Mehr Informationen hier.
Leitfadengestützte Interviews mit Studierenden
Um tiefgehende Einblicke in die Studienmotive von Studierenden zu bekommen und Zugangsbarrieren, Ressourcen sowie Faktoren für gelingende Übergänge aufdecken zu können, werden leitfadengestützte Interviews mit Studierenden des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften geführt
Gruppendiskussionen mit Schüler*innen
Um Zukunftsvorstellungen sowie Einstellungen und Meinungen von Schüler*innen im Hinblick auf die Aufnahme eines Studiums zu untersuchen, werden Gruppendiskussionen in der gymnasialen Oberstufe der Düsseldorfer Hulda-Pankok-Gesamtschule geführt. Besonderes Interesse gilt dabei möglichen Barrieren, die dem Hochschulzugang aus Sicht der Schüler*innen entgegenstehen, um darauf aufbauend entsprechende Maßnahmen entwickeln zu können.
Expert*inneninterviews mit Lehrkräften in Kooperation mit dem Netzwerk „Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte"
Lehrer*innen mit Migrationshintergrund haben aufgrund ihrer sprachlichen Kompetenzen, ihrer geteilten Erfahrungen im Hinblick auf Migration und ihres soziokulturellen Hintergrundwissens häufig besonders vertrauensvolle Zugänge zu Eltern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. So können sie eine Vermittlungsfunktion bei der Ansprache der Familien einnehmen. Es sind Fortbildungen zum Thema „Studium und Lehre an der Hochschule Düsseldorf" vorgesehen, die in Kooperation mit interessierten Lehrer*innen des Netzwerks „Lehrkräfte mit Zuwanderungsgeschichte" durchgeführt werden sollen. In diesem Zusammenhang ist auch die Erarbeitung von Konzepten zur Zielgruppenansprache angedacht.
Expert*inneninterviews mit Vertreter*innen der Kommunalen Integrationszentren
Auch die Kommunalen Integrationszentren (ehemals RAA) können in diesem Zusammenhang eine Brückenfunktion einnehmen und Gymnasien und Gesamtschulen mit hohem Anteil an Jugendlichen mit Migrationshintergrund nennen. Oft gibt es an den betreffenden Schulen auch Verbindungslehrer*innen, die Wege in die Bildungsinstitutionen bahnen können
Aufbau eines Peernetzwerkes an der HSD
Im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften wird ein Netzwerk von Studierenden (Peers) aufgebaut, die als „Botschafter*innen" in die Schulen gehen, um dort in Abschlussklassen für das Studium an der HSD zu werben. Zur Steigerung der Identifikationsmöglichkeiten bietet es sich dabei an, Tandems von Studierenden mit und ohne Migrationshintergrund zu bilden. Sie berichten dann über ihre eigene Studienbiografie und ihre Erfahrungen an der Hochschule. Zudem bereitet das Peernetzwerk „Schnupperveranstaltungen" an der HSD vor. Für diese Arbeit werden die Peers in Seminaren ausgebildet, die anrechenbar auf ihr Studium sind.
Um Zugangsbarrieren zum Studium zu erforschen, abzubauen und eventuellen Passungsproblemen vorzubeugen, sind zudem Gespräche mit Schulsozialarbeiter*innen geplant. Auf Grundlage der gewonnen Erkenntnisse soll ein passendes Rekrutierungs- und Ansprachekonzept entwickelt werden.
*Das Elternnetzwerk NRW ist ein Zusammenschluss von Vereinen, in denen sich zugewanderte Eltern organisiert haben, um ihre Erziehungskompetenzen zu stärken und ihre Interessen mit mehr Nachdruck in der Öffentlichkeit vertreten zu können.
II. Studienverlauf & Bleibebarrieren
Leitfadengestützte Interviews mit Studierenden
Die Exploration von Studienverlaufsproblemen und -erfahrungen, wie die von Zugangsbarrieren (s.o.), bedarf eines qualitativen methodischen Vorgehens. Wie kommen die Studierenden mit den Anforderungen des Studiums und Studienlebens zurecht? Welche Schwierigkeiten erleben sie und inwieweit können sie sich, ihre Fähigkeiten, Interessen, Erfahrungen und Bedürfnisse in das Studium einbringen? Inwieweit sind die Strukturen des Studiums sensibel für die vielfältigen Ressourcen, die Studierende mitbringen? Diesen Fragen soll durch leitfadengestützte Interviews mit Studierenden des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften nachgegangen werden. Auf Basis der empirischen Ergebnisse werden unterstützende Maßnahmen für Studienpioniere entwickelt und Gestaltungsmöglichkeiten der Studienstrukturen erkundet.
Wochenbücher mit Erstsemesterstudierenden
Um einen differenzierten Einblick in die Erfahrungen von Studierenden in der unmittelbaren Studieneingangsphase zu erhalten, werden Bachelor-Erstsemesterstudierende über die ersten sechs Wochen ihres Studiums wöchentliche Berichte anfertigen. In den Wochenbüchern sollen die Studierenden ihre Erfahrungen rund um ihr Studienleben schildern. Diese Datenerhebung verspricht die Eindrücke in dieser ersten Studienphase besonders (zeit)nah und unverfälscht zu erfassen
Machtsensible studentische Peerberatung
Am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften wurde bereits eine Peer-Beratung etabliert, die Habitus-Struktur-reflexiv arbeitet und die Ziele hat, Studierende akut zu unterstützen, zu einer größeren Studienbewältigungskompetenz beizutragen und über Falldokumentationen an der Verbesserung der Studienstrukturen mitzuwirken. Diese Erfahrungen werden im Rahmen des Studienpioniere-Projektes ebenfalls aufgegriffen und genutzt, etwa für die Konzeption eines Qualifizierungsprogramms für die Tätigkeit als Tutor*in (siehe den folgenden Abschnitt).
Tutorien-Programm für Studienpioniere
Die HSD beabsichtigt, ein kompetenzbasiertes und konstruktivistisch ausgerichtetes Lehr-Lern-Verständnis zu stärken. Dazu sind Fortbildungsmaßnahmen sowie Einzel- und Kleingruppenberatungen für die Tutor*innen aller Fachbereiche etabliert worden. Anhand der dort gesammelten Erfahrungen und Rückmeldungen sowie der Forschungsergebnisse aus dem Projekt „Der Herkunft begegnen" soll nun ein spezielles Tutor*innen-Format für Studienpioniere integriert werden. Pro Fachbereich wird ein Tutor bzw. eine Tutorin im Rahmen eines neu konzipierten Qualifizierungsprogramms sowohl für die Tätigkeit als Peer-Vermittler*in als auch in der Funktion als Vorbild und Vertrauensperson (für die Studienpioniere) ausgebildet. Zur Gewährleistung qualitativ hochwertiger und auf die besonderen Belange der Zielgruppe angepasster Lerngelegenheiten in den Tutorien steht dabei folgendes im Fokus:
Grundlagenvermittlung in den Bereichen Lehren und Lernen, Moderation und Gruppendynamik;
Verbesserung der Präsentationsstile und rhetorischen Fähigkeiten;
Entfaltung von sozialen Kompetenzen und interkulturellen Qualifikationen.
Dabei werden die jeweiligen Anforderungen der einzelnen Fachbereiche berücksichtigt.
Workshops, Seminarangebote und Mentorings
Weitere Maßnahmen zur Unterstützung von Studienpionieren im Studienverlauf werden Prof. Dr. Lars Schmitts Workshops für Lehrende und Verwaltungsmitglieder zu „Studium und Herkunft" sowie fortlaufend Modulangebote für Studierende in diesem Themenumfeld und Seminare von Prof. Dr. Veronika Fischer zum Thema „Interkulturelle Kompetenz" sein. Darüber hinaus werden die Projektleiter*innen Mentorings anbieten.
Geplant ist darüber hinaus, die Erkenntnisse in die Erweiterung der Mentoringstruktur des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften einfließen zu lassen.
Angebote in der Studieneingangsphase und zur Unterstützung im Studium
Auf Basis der empirischen Ergebnisse des Studienpionier-Projektes werden neue Formate für den Studieneinstieg und -support entwickelt. Das Zentrum für Weiterbildung und Kompetenzentwicklung (ZWeK) begleitet die Studierenden in der Einstiegsphase und im Studienverlauf mit anwendungsorientierten Workshops zur Aneignung von Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens, effizienten Lese- und Schreibtechniken sowie einem optimalen Selbst- und Zeitmanagement. Darüber hinaus dienen Workshops zum akademischen Arbeiten und Schreiben, zu selbstgesteuerten und kooperativen Lernformen sowie weiteren Schlüsselqualifikationen dem Zugewinn von personalen Fertigkeiten. Der Erwerb von sozialen, (fremd-)sprachlichen und IT-Kompetenzen verhilft den Teilnehmenden zur Steigerung von Prüfungserfolgen sowie der eigenen Handlungsfähigkeit und wirkt als Korrektiv für nicht erfahrene Bildungschancen in der Schul- und Ausbildungszeit. Studierende lernen neben den Fachinhalten, das Studium auch als Optimierungsmöglichkeit des Lernverhaltens und der individuellen Kompetenzentwicklung zu begreifen. Zugleich sollen zur Schaffung von Bildungsgerechtigkeit unter den Bedingungen wachsender Diversität spezifische Gruppen- und Einzelkonzepte für die Studienpioniere dieses Aufgabenfeld ergänzen. Hierzu zählen neben dem Ausbau von Kursen aus dem Bereich „Deutsch als Fremd- und Zweitsprache" (z.B. Schreibwerkstätten) die Neukonzeptionierung von Seminaren zur Prüfungsvorbereitung und die Einführung individueller Sprechstunden. Die pädagogisch-psychologisch ausgebildeten Ansprechpartner des ZWeK sind in der bedürfnisorientierten Stundenplangestaltung behilflich und unterstützen die Studienpioniere darin, subjektive Potenziale zu erkennen, diese mit entsprechenden Weiterbildungsformaten zu fördern und so Studienerfolge zu erhöhen. Durch den persönlichen Kontakt wird zudem ein Beitrag zur Prävention von Studienabbrüchen/zur Verringerung der Studienabbruchquote geleistet.
Schulung von Erstsemestertutor*innen
In Schulungen von Erstsemestertutor*innen wird eine verstärkte Sensibilisierung für die speziellen Anliegen von Studienpionieren stattfinden und ein Schwerpunkt auf die Vermittlung interkultureller Kompetenzen gelegt. Ein Workshop zu unterschiedlichen sozialen Herkünften und Studienstrukturen hat bereits stattgefunden.
Zukunftswerkstatt „Inklusive Hochschule"
Im Rahmen der Zukunftswerkstatt sollen Studienbarrieren identifiziert und Ideen für eine Hochschule entwickelt werden, die Raum für die Entfaltung der persönlichen Kräfte und des intellektuellen Potenzials jeder einzelnen Person bietet – eine Hochschule also, die sich kritisch mit sich selbst als Institution auseinandersetzt und eine Kultur gegenseitiger Wertschätzung pflegt. Die Zukunftswerkstatt ist als ein solcher Diskussionsort gedacht. Sie stellt eine Art ‚Laboratorium' für Ideen auf dem Weg zu einer „Inklusiven Hochschule" dar und findet am 21.11.2014 an der HSD statt.
III. Übergang in den Master oder Beruf & Übergangsbarrieren
Angebote des ZWEK im Bildungsübergang Hochschule-Beruf
Um den Studierenden einen erfolgreichen Abschluss des Studiums und einen gelungenen Übergang in den Berufsalltag oder in ein Masterstudium zu ermöglichen, werden ihnen in der Studienabschlussphase vom ZWeK und dem Career Service systematische Beratungs- und Unterstützungsangebote bereitgestellt. Sie sollen vor allem darin gestärkt werden, wissenschaftliche Abschlussarbeiten und Präsentationen von Abschlussprojekten optimal vorzubereiten sowie zielgerecht und im angemessenen Zeitrahmen durchzuführen. Zudem werden verschiedene Angebote zur Berufsorientierung organisiert, die den künftigen Absolvent*innen bei der Konkretisierung ihrer individuellen Zielvorstellungen und Berufswünsche sowie der Gestaltung effektiver Bewerbungsprozesse Hilfestellung bieten sollen. Für Studienpioniere sind darüber hinaus bedarfsgerechte Bewerbungstrainings und Einzelgespräche bzw. -coachings geplant. Des Weiteren soll ihnen eine persönliche Betreuung auf dem jährlichen Unternehmenstag der HSD angeboten werden, auf welchem sie erste Einblicke in die Berufspraxis gewinnen und Kontakte zu Unternehmen knüpfen können.
Studienabschlussmentoring
Im Rahmen eines Studienabschlussmentorings zusammen mit Lehrenden, Absolvent*innen und Studierenden sollen die im Studium erworbenen Kompetenzen reflektiert und im Hinblick auf zukünftige Berufsfelder ausgewertet werden. Sprache, Kultur und Herkunft können wichtige Aspekte sein, die es als Ressource zu verstehen und zu präsentieren gilt.
Zukunftswerkstatt
Für das Wintersemester 2015/16 ist eine Zukunftswerkstatt mit den Lehrenden der HSD geplant, die sich speziell dem Thema „Abschlussarbeiten" widmet.
Beratung für Studienpioniere durch Studienpat*innen
In Zusammenarbeit mit Alumni-Netzwerken werden erfolgreiche Absolvent*innen, die selbst einmal Studienpioniere in ihren Familien waren, als Studienpat*innen gewonnen, die beim Übergang in den Beruf beraten
Ringvorlesung
Mithilfe des Alumni-Netzwerks sollen ehemalige Studienpioniere der HSD für Vorträge im Rahmen einer Ringvorlesung gewonnen werden, um die Effekte ressortübergreifender Zusammenarbeit sowie die identitätsstiftenden Potenziale des Kontakts mit Vorbildern aus der eigenen Herkunfts- und Bezugsgruppe synergetisch nutzen zu können. Neben der anschaulichen Vorstellung fachbereichsbezogener Berufsfelder bzw. -optionen durch die Ehemaligen anhand ihres persönlichen Werdegangs, verfolgt die autobiografische Berichterstattung auch das Ziel, Motivation und Gemeinschaft unter den Studienpionieren zu schaffen. Die dahinter steckende Idee ist, dass die Orientierung an erfolgreichen Bildungsaufsteiger*innen potenziellen Studienabbrüchen vorbeugt und Studienpionieren zur Herausbildung einer akademisch-professionellen Identität verhilft.
Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse soll ein passendes Konzept zur Studienabschlussphase entwickelt werden.