Das Projekt
Menschen aus Familien ohne akademische Tradition haben auf dem Weg zur Hochschule und im Studienverlauf häufig mehr Hürden zu überwinden als Personen aus Akademiker_innenfamilien. Nach dem Erwerb der Hochschulreife, welcher bereits erheblich von der sozialen Herkunft abhängt, folgen Entscheidungsprozesse für oder gegen die (unmittelbare) Aufnahme eines Hochschulstudiums. Studienberechtigte aus nicht-akademischen Elternhäusern ziehen unabhängig von der durchschnittlichen Schulabschlussnote seltener eine Studienaufnahme in Betracht als Studienberechtigte aus akademischen Familien (Lörz et al. 2012, S. 33).
Im Studium angekommen stellt die Studienfinanzierung insbesondere für Studierende aus nicht-akademischen Familien eine Hürde dar. Sie schätzen die Finanzierung ihres Lebensunterhaltes während des Studiums seltener als sichergestellt ein (BMBF 2013, S. 248). Das BAföG und der eigene Verdienst bilden zusammen den größten Teil ihrer Einnahmen, während Studierende aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil über einen akademischen Abschluss verfügt, finanziell deutlich häufiger von ihren
Eltern unterstützt werden und seltener einen Kredit zur Studienfinanzierung aufnehmen (ebd., S. 222; S. 394; S. 23). Neben der größeren finanziellen Unsicherheit kann das Empfinden der akademischen Kultur für Studierende aus nicht-akademischen Familien eine Hürde darstellen. Schwierigkeiten im Umgang mit dem Studium, wie Ängste und Zweifel, ob man den an der Hochschule vorgefundenen Anforderungen gewachsen ist, müssen bewältigt werden (Schmitt 2010, S. 268).
Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt "Studienpioniere – Ein inklusives Hochschulkonzept zur Studierendenförderung“ der Hochschule Düsseldorf (HSD) möchte dieser herkunftsbezogenen Ungleichheit entgegenwirken. Das Ziel des 2014 begonnen Projektes ist es, Menschen aus Familien ohne akademische Tradition mit und ohne Migrationshintergrund (Studienpioniere) beim Zugang zur Hochschule, im Studienverlauf und beim Übergang in den Beruf oder in ein weiterführendes Masterstudium zu unterstützen. Das Projekt findet unter der Leitung von Prof. Dr. Veronika Fischer und Prof. Dr. Lars Schmitt und unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Sabine Evertz (M.A.) statt. Es wird von der Stiftung Mercator und dem Stifterverband für die deutsche Wissenschaft mit 300.000 Euro gefördert.
Innerhalb der dreijährigen Projektlaufzeit werden zunächst exemplarisch im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der HSD Hürden vom Hochschulzugang bis hin zum Übergang in den Beruf bzw. in ein weiterführendes Studium erforscht. Darüber hinaus setzt die Forschung bereits im Vorfeld des Übergangs von der Schule zur Hochschule ein und untersucht die Bildungsaspirationen von Eltern am Beispiel zugewanderter Eltern. Auf Basis der empirischen Ergebnisse werden unterstützende Maßnahmen für Studienpioniere konzipiert und Gestaltungsmöglichkeiten der Studienstrukturen ausgelotet. Zudem werden im Verbund mit dem Deutschlandstipendium 18 Studierende der HSD zum Wintersemester 2014/15 Stipendien von 300 Euro monatlich für eine Dauer von maximal vier Jahren erhalten.
Literatur
BMBF (2013): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland. 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks durchgeführt durch das HIS-Institut für Hochschulforschung, Berlin.
LÖRZ, Markus/ QUAST, Heiko/ WOISCH, Andreas (2012): Erwartungen, Entscheidungen und Bildungswege. Studienberechtigte 2010 ein halbes Jahr nach Schulabgang. HIS: Forum Hochschule, Nr. F05, Hannover. Im Internet unter: http://www.panel2012.de/ergebnisse, abgerufen am 4.07.2014.
SCHMITT, Lars (2010): Bestellt und nicht abgeholt. Soziale Ungleichheit und Habitus-Struktur-Konflikte im Studium, Wiesbaden.