beschreibungJugend und Jugendarbeit in der Corona-Krise Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) waren durch das abrupte Schließen Mitte März ebenfalls stark betroffen. Dennoch waren auch in der Schließung Aktivitäten zu erkennen vor allem über soziale Netzwerke und digitale Kommunikationsplattformen. Dabei stand im Mittelpunkt, die Beziehungen zu den Stammbesucher*innen aufrecht zu erhalten. Es entwickelten sich interessante Aktivitäten der OKJA in virtuellen Räumen, in sozialen und in allen möglichen digitalen Medien mit dem Versuch, Kontakt zu Jugendlichen herzustellen und digitale Begegnungen auch zwischen den Jugendlichen zu ermöglichen. Fachkräfte der OKJA wurden aber auch in andere Bereiche von Stadtverwaltungen abgeordnet, um z.B. die Gesundheitsämter oder Kitas zu unterstützen. Fachkräfte waren zudem in ihren Stadtteilen unterwegs, um Jugendliche zu treffen und sie zu unterstützen, z.B. bei der Bearbeitung schulischer Ansprüche. Die Situation nach dem ‚Shutdown‘ ist für die Einrichtungen völlig neu und wird auch neue pädagogische Handlungsstrategien mit sich bringen: Wie kann es gelingen, Angebote der OKJA unter den Bedingungen des Gesundheitsschutzes zu realisieren, wie steht es um Niedrigschwelligkeit, Freiwilligkeit und die Beteiligung der Jugendlichen? Es stellt sich auch die Frage, wie Fachkräfte diese Anforderungen professionell bewältigen. Der offene Bereich ist im Moment nicht ohne größere Einschränkungen durchführbar. Die Anforderung, Kontakte zu den Jugendlichen über digitale Medien zu halten, ist dagegen gestiegen. Die Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen ist außerordentlich problematisch, die für die Sozialisation zentralen Kontakte zu Gleichaltrigen sind eingeschränkt und pädagogische Bildungssettings jenseits von Schule sind nicht mehr in der Breite nutzbar.
Die vom 15. Kinder und Jugendbericht der Bundesregierung geforderten Freiräume für Jugendliche sind stark beschränkt. Gleichzeitig werden Kinder und Jugendliche wieder als Gefährder*innen und Regelbecher*innen von den Medien konstruiert. Ihre Stimme ist jedoch in der demokratischen Öffentlichkeit so gut wie nicht vernehmbar. Die Partizipationsrechte des SGB VIII, etwa im § 8, der die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen "an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe" verlangt, sind stark beschnitten. Andererseits werden viele Probleme des Aufwachsens durch die Corona- Krise wie in einem Brennglas vergrößert, das trifft nicht nur die mangelnde Umsetzung von Partizipationsrechten, sondern auch die Lebenslagen und Bildungschancen zum Beispiel von benachteiligten Kindern und Jugendlichen.
Die gerade publizierte Studie von Andresen et al. (Mai 2020) mit dem Titel: "Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen während Corona-Maßnahmen" zeigt deutlich: Kinder und Jugendliche wollen nicht auf ihre Rolle als Schüler*innen reduziert werden, sie suchen auch weiterhin Freiräume und Chancen der Selbstbildung in anderen Settings (wie zum Beispiel der OKJA); sie wollen öffentlich gehört werden, gerade in Berücksichtigung der Unterschiede ihrer Lebensverhältnisse; Einsamkeit, Sorgen und Verunsicherung drängen nach pädagogischer Unterstützung.
Das sind nur ein paar Hinweise auf die veränderte Gesamtlage von Kindern und Jugendlichen, auf die Offene Kinder- und Jugendarbeit nun den spezifisch beschränkenden Bedingungen der Krise antworten muss. Auch in Hinblick auf zu erwartende (Spar-) Debatten über die Bedeutung und die Notwendigkeit Offener Kinder- und Jugendarbeit ist eine Studie, die die Bedeutung der OKJA für Kinder und Jugendliche gerade in dieser Krisenzeit analysieren und belegen kann, von großer Wichtigkeit.
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