Theoretische Zugänge
Ausgegangen ist das STAP-Projekt von einem menschenrechtsbasierten Verständnis von Teilhabe, wie es auch in der UN-Behindertenrechtskonvention zum Ausdruck kommt. In diesem Sinne aufbauend auf das Verständnis von „participation“ der UN-Behindertenrechtskonvention wird Teilhabe in STAP – bewusst weit – als gleichberechtigter Zugang zu und Mitbestimmung über soziale Umweltbeziehungen definiert. Selbstbestimmung stellt hierbei für STAP ein untrennbar mit dem Grundsatz der Teilhabe in Verbindung stehendes Prinzip dar, nach dem Teilhabe zu gestalten ist. Für die Kontextualisierung von selbstbestimmter Teilhabe in stationären Altenpflegeeinrichtungen war in STAP darüber hinaus das Normalitätsprinzip von Bedeutung, das als Möglichkeit zur Gestaltung des Lebens nach den in der eigenen Biografie angelegten, gewohnten Normen und Routinen verstanden wurde.
Empirische Studie
In Anschluss an diese theoretischen Zugänge sowie bislang vorhandene konzeptionelle Überlegungen zur Teilhabeförderung in der Altenhilfe wurde die STAP-Studie empirisch im Rahmen eines sequenziell aufgebauten Mixed-Methods-Designs umgesetzt. So wurden im ersten Schritt in einer explorativen, qualitativen Analyse einerseits u. a. Interviews mit Bewohner*innen, Angehörigen und Mitarbeiter*innen sowie teilnehmende Beobachtungen in ausgewählten Einrichtungen des Caritasverbandes und andererseits trägerübergreifende Fokusgruppen mit Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen sowie Mitarbeitenden des Sozialen Dienstes durchgeführt. Darauf aufbauend erfolgte im zweiten Schritt eine die qualitativen Forschungsergebnisse absichernde quantitative Analyse im Rahmen einer NRW-weiten Online-Befragung mit Einrichtungsleitungen (nähere Informationen hier). Über diese Zugänge konnten erstmals Kernprozesse sowie fördernde und hemmende Faktoren zur Teilhabeförderung in Altenpflegeeinrichtungen auf zentralen Ebenen empirisch identifiziert werden.
Abbildung: Kernprozess sowie Faktoren zur Förderung selbstbestimmter Teilhabe in Altenpflegeeinrichtungen
Wie in der Abbildung dargestellt, wurden als Ausgangspunkt und Kernprozess der Teilhabeförderung in Altenpflegeeinrichtungen die Äußerung und Erfassung von Wünschen der Bewohner*innen zur Teilhabe festgehalten. So ist hierbei etwa relevant, dass entsprechend der Voraussetzungen der Bewohner*innen verschiedene Einbeziehungsformen individuell genutzt sowie Teilhabewünsche in vorhandenen Planungsinstrumenten regulär berücksichtigt sowie im gesamten Team kommuniziert werden. Darauf aufbauend sollten die Teilhabewünsche der Bewohner*innen in der Alltags- und Angebotsgestaltung der Einrichtungen grundlegend berücksichtigt sowie mitunter flexibel und mit besonderen Ressourcen verwirklicht werden. Die für diesen Kernprozess relevanten Faktoren wurden auf der Ebene der Bewohner*innen, der Mitarbeitenden sowie der Einrichtungsstrukturen und -prozesse unterschieden und praxisnah dokumentiert (siehe Abb.). Insgesamt kann als bedeutsam hervorgehoben werden, dass bereichsübergreifend ein Bewusstsein für die Förderung und Verwirklichung des Rechts auf selbstbestimmte Teilhabe bei den Mitarbeitenden existiert und dies sowohl konzeptionell verankert ist als auch stets im Arbeitsalltag durch die Leitungskräfte gefördert wird. Festzuhalten ist zugleich, dass die aktuell intensiv diskutierte, bedarfsgerechte Personalausstattung in Altenpflegeeinrichtungen auch für die Verwirklichung selbstbestimmter Teilhabe von hoher Bedeutung ist. Zu empfehlen ist aus Sicht von STAP ferner eine Anpassung des SGB XI an die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention, damit das Ziel und die Förderung der selbstbestimmten Teilhabe auch im Leistungsrecht der Pflegeversicherung verankert ist.
Musterrahmenkonzept
Auf Grundlage der empirischen Ergebnisse wurde ein Musterrahmenkonzept entwickelt und in einer Einrichtung im Sinne einer Implementationsanalyse erprobt. Unterschieden in Struktur-, Prozess- und Ergebniskriterien wurden zentrale Anforderungen an die Teilhabeförderung in Altenpflegeeinrich-tungen ausformuliert und durch Good-Practice-Beispiele ergänzt. Das in dieser Form aufbereitete Musterrahmenkonzept ermöglicht, den Ist-Zustand für die eigene Einrichtung einzuschätzen und möglichen Handlungsbedarf sowie Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen festzuhalten. Somit kann das MRK direkt als Instrument der Weiterentwicklung bezogen auf die selbstbestimmte Teilhabe und beispielsweise als Grundlage für die Erstellung priorisierter Maßnahmenpläne genutzt werden.
Veröffentlichungen
Abschlussbericht:
Der Abschlussbericht stellt umfassend theoretisch-konzeptionelle Zugänge, Methodik und Ergebnisse der STAP-Studie dar, zeigt Auszüge aus dem Musterrahmenkonzept und formuliert Empfehlungen an die Politik. Den im Nomos Verlag veröffentlichten und in der Nomos eLibrary kostenlos abrufbaren Bericht finden Sie hier.
Wenn Sie Fragen zum Abschlussbericht haben, können Sie sich gerne an die wissenschaftliche Projektleitung Prof. Dr. Christian Bleck wenden (Tel.: 0211-4351 3300, Mail: christian.bleck@hs-duesseldorf.de).
Musterrahmenkonzept:
Im Musterrahmenkonzept sind die im Rahmen der STAP-Studie identifizierten Anforderungen an die Umsetzung von selbstbestimmter Teilhabe aufgeführt und um Erläuterungen sowie Beispiele ergänzt. Das Musterrahmenkonzept liegt in einer „Leseversion“ und einer „Bearbeitungsversion“ vor. Die „Leseversion“ enthält ausschließlich die Inhalte des MRK, bietet dadurch einen schnelleren Überblick und ist hier zu finden. Die „Bearbeitungsversion“ ermöglicht zudem, den Ist-Zustand zu den einzelnen Anforderungen für die eigene Einrichtung einzuschätzen und auf einer Skala festzuhalten. Außerdem können Ideen bzw. Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen in einer dafür vorgesehenen Spalte ggf. näher beschrieben werden. Die „Bearbeitungsversion“ des Musterrahmenkonzeptes finden Sie hier.
Wenn Sie Fragen zum Musterrahmenkonzept bzw. dessen Anwendung/Bearbeitung oder zum Umgang mit den Bearbeitungsergebnissen in Ihrer Einrichtung haben, können Sie sich gern an den Projektmitarbeiter Henry Kieschnick wenden (Tel.: 0221-2010 207, Mail: henry.kieschnick@caritasnet.de).
Artikel in Fachzeitschriften und Sammelbänden:
Conen, I., Schultz, L., Bleck, C. & Henke, S. (i. E. 2022). Zugänge zur selbstbestimmten Teilhabe in der stationären Altenhilfe. Ein sequentielles Mixed-Methods-Design zur Identifizierung teilhabefördernder und -hemmender Faktoren. In G. Wansing, M. Schäfers & S. Köbsell (Hrsg.), Teilhabeforschung - Konturen eines neuen Forschungsfeldes. Wiesbaden: Springer VS.
Fuchs, H. (2022). Selbstbestimmt teilhaben in Altenpflegeeinrichtungen. RP Reha, 3 (2022), 14-20.
Conen, I., Leiber, S., Schultz, L. & Bleck, C. (2021). Selbstbestimmt teilhaben in Altenpflegeeinrichtungen: Die Bedeutung organisationaler Strukturen und der teilhabeförderlichen Zusammenarbeit der Professionen. Sozialer Fortschritt, 70 (2021), 529-548.
Bleck, C., Conen, I. & Schultz, L. (2021). Selbstbestimmt teilhaben in Altenpflegeeinrichtungen. Äußerung und Erfassung von Wünschen der Bewohner*innen fördern Teilhabe. Forum sozialarbeit + gesundheit 26 (2), 34-37.
Maqua, H., Kieschnick, H. & Bleck, C. (2021). Selbstbestimmt teilhaben heißt auch, mal zum Fußballspiel zu gehen. neue caritas, 122 (17), 21-24.
Maqua, H. & Kieschnick, H. (2020). In Heimen Selbstbestimmung erhalten. Wohlfahrtintern. Verfügbar unter: https://www.wohlfahrtintern.de/fachbeitraege/sonstige/newsdetails/article/in-heimen-selbstbestimmung-erhalten/