Hintergrund
Obwohl die Kinderrechte seit nunmehr fast 30 Jahren geltendes Recht in Deutschland sind, mangelt es in der Praxis sowohl an Wissen über den normativen Gehalt der Kinderrechte als auch an systematischer Umsetzung in kinderrechtsbasierte Praxen und Strukturen. Im aktuellen Staatenberichtsverfahren zur VN-Kinderrechtskonvention (VN-KRK) in Deutschland werden von der Zivilgesellschaft die hohen Armutsquoten von Haushaltskonstellationen mit Kindern und der hohe Anteil von Kindern im SGB-II-Bezug (angemessener Lebensstandard, Art. 26, 27 KRK), die unzureichende Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffenden Belangen in Verwaltung und Politik (Berücksichtigung des Kindeswillens, Art. 12 KRK) und die fehlende Verankerung von Menschen- und Kinderrechtsbildung in der Ausbildung von Fachkräften (Wohl des Kindes, Art. 3 KRK) kritisiert. Ziel des Projektes ist es, Parameter einer systematischen Verbindung von normativen Grundlagen eines Kinderrechtsansatzes und sozialpolitisch gestalteter Kinderrechtspraxis auf kommunaler Ebene in NRW zu erforschen. Das Forschungsprojekt ist in bestehende Kooperationen mit Praxispartner*innen und in der Wissenschaft eingebettet, die im Projektverlauf vertieft und um kommunale Partner*innen erweitert werden sollen. Perspektivisch sollen sowohl das Fundament für weitere Forschung und Forschungskooperationen gelegt werden, als auch die Forschungsergebnisse gemeinsam mit Praxispartner*innen zu Handlungsempfehlungen ausgearbeitet werden, um den Transfer der Erkenntnisse in die Praxis zu fördern.
ForschungsdesignDas interdisziplinär angelegte Projekt nähert sich dem Thema der Umsetzung und Stärkung von Kinderrechten in NRW-Kommunen aus drei Perspektiven:
| Teilprojekt: Normative Grundlagen eines Kinderrechtsansatzes (Federführung: Katja Neuhoff):
In dem Teilprojekt wird durch die Analyse der maßgeblichen Quellen der Menschenrechtsauslegung, des Menschenrechtsmonitorings und der Menschenrechtspolitik das normative Wissen zu kinderrechtsbasierten Analyse und Bewertung vonLebenssituationen und Beteiligungsformen von Kindern und Jugendlichen ausgewertet und bereits vorhandene Kinderrechtsindikatoren (weiter-)entwickelt. Ziel des Teilvorhabens ist es damit eine verlässliche Grundlage sowohl für die Bewertung des aktuellen Umsetzungsstandes der Kinderrechte in NRW-Kommunen als auch für Empfehlungen zur Umsetzung einer systematischen Kinderechtspraxis zu erarbeiten.
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| Teilprojekt: Kinderarmut und das Recht auf angemessenen Lebensstandard (Federführung: Silke Tophoven):
In diesem Teilprojekt wird untersucht, wie eine systematische Verknüpfung von Kinderrechten und sozialpolitischen Maßnahmen geschehen könnte bzw. wo und wie diese ggf. bereits besteht. Von besonderer Bedeutung ist dabei welches Wissen auf kommunaler Ebene über die Situation von Kindern und Jugendlichen in materiellen Armutslagen besteht und wie diese berücksichtigt werden können. Neben einer kleinräumigen Betrachtung der Ausgangssituation in Kommunen in NRW auf Grundlage bestehender Datenquellen sollen diese mit weiteren Indikatoren auf kommunaler Ebene verknüpft werden wie beispielsweise der Teilnahme an Förderprogrammen oder der sozialen und politischen Partizipation. Des Weiteren sollen Informationen zum Umsetzungsstand und zum Handlungsbedarf in den Kommunen gewonnen werden. Die Perspektive von Kindern und Jugendlichen selbst auf Bedarfe und Unterstützung in Armutslagen soll dabei berücksichtigt werden, denn diese kommt bislang bei der Festlegung von Unterstützung häufig zu kurz. Nicht zuletzt zielt das Teilprojekt darauf ab, erste Ansätze für die Umsetzung des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard zu entwickeln.
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| Kooperationsprojekt: Beteiligung in der Kinder- und Jugendhilfepolitik (Federführung: Walter Eberlei):
Das Kooperationsprojekt geht der Frage nach, inwieweit Kinder und Jugendliche in die Entwicklung der kommunalen Kinder- und Jugendförderpläne für die neue kommunale Legislaturperiode in NRW (2020-2025) eingebunden werden. Auf der Basis einer flächendeckenden Erhebung dieser Erfahrungen sowie qualitativen Untersuchung von möglichen “good-practice“ Beispielen sollen in 2021/2022 Empfehlungen für eine verstärkte institutionalisierte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Jugendhilfepolitik in NRW entwickelt werden. Die Frage einer Beteiligung von jungen Menschen mit sozial prekärem Hintergrund wird dabei besonders beleuchtet.
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