Nach gut dreijähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit hat das Projekt „Selbstbestimmt teilhaben in Altenpflegeeinrichtungen – STAP“ seine Ergebnisse veröffentlicht: Neben dem beim Nomos Verlag publizierten Forschungsbericht ist ein Musterrahmenkonzept zur unmittelbaren Anwendung in den Einrichtungen öffentlich verfügbar.
Das in Zusammenarbeit zwischen dem Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V. und der Hochschule Düsseldorf durchgeführte sowie von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW geförderte STAP-Projekt hat Voraussetzungen zur Förderung und Verwirklichung der selbstbestimmten Teilhabe von Bewohner*innen stationärer Altenpflegeeinrichtungen untersucht. Da es hierfür bislang an praxistauglichen Orientierungen fehlte, war es Ziel des Projektes, auf empirischer Grundlage ein Musterrahmenkonzept zu entwickeln.
Die empirische Studie von STAP kennzeichnete ein sequentielles Mixed-Methods-Design. So wurden im ersten Schritt in einer explorativen, qualitativen Analyse u. a. Interviews mit Bewohner*innen, Angehörigen und Mitarbeiter*innen sowie teilnehmende Beobachtungen in ausgewählten Einrichtungen des Caritasverbandes und trägerübergreifende Fokusgruppen mit Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen sowie Mitarbeitenden des Sozialen Dienstes durchgeführt. Darauf aufbauend erfolgte im zweiten Schritt eine die qualitativen Forschungsergebnisse absichernde quantitative Analyse im Rahmen einer NRW-weiten Online-Befragung mit Einrichtungsleitungen.
Über diese Zugänge konnten erstmals fördernde und hemmende Faktoren zur Teilhabeförderung in Altenpflegeeinrichtungen auf Ebene der Bewohner*innen (z. B. physische und psychische Voraussetzungen), Mitarbeiter*innen (z. B. Arbeitsengagement, spezifische Kompetenzen) und Einrichtung (z. B. Organisationskultur, Schnittstellen, Handlungsspielräume, besondere Ressourcen) empirisch identifiziert werden. Als Ausgangspunkt und Kernprozess der Teilhabeförderung wurden die Äußerung und Erfassung von Wünschen der Bewohner*innen zur Teilhabe festgehalten. So ist hierbei etwa relevant, dass entsprechend der Voraussetzungen der Bewohner*innen verschiedene Einbeziehungsformen individuell genutzt sowie Teilhabewünsche in vorhandenen Planungsinstrumenten regulär berücksichtigt sowie im gesamten Team kommuniziert werden. Darauf aufbauend sollten diese individuellen Teilhabewünsche in der Alltags- und Angebotsgestaltung der Einrichtungen grundlegend berücksichtigt sowie mitunter flexibel und mit besonderen Ressourcen (z.B. personelle, finanzielle, räumliche, mobilitäts- und quartiersbezogene Ressourcen) verwirklicht werden. Insgesamt kann als bedeutsam hervorgehoben werden, dass bereichsübergreifend ein Bewusstsein für die Förderung und Verwirklichung des Rechts auf selbstbestimmte Teilhabe bei den Mitarbeitenden existiert und dies sowohl konzeptionell verankert ist als auch stets im Arbeitsalltag von den Leitungskräften gefördert wird. Festzuhalten ist zugleich, dass die aktuell intensiv diskutierte, bedarfsgerechte Personalausstattung in Altenpflegeeinrichtungen auch für die Verwirklichung selbstbestimmter Teilhabe von hoher Bedeutung ist. Zu empfehlen ist aus Sicht von STAP ferner eine Anpassung des SGB XI an die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention, damit das Ziel und die Förderung der selbstbestimmten Teilhabe auch im Leistungsrecht der Pflegeversicherung verankert ist.
Das Musterrahmenkonzept wurde auf Basis der empirischen Ergebnisse entwickelt und in einer Einrichtung im Sinne einer Implementationsanalyse erprobt. So wurden zentrale Anforderungen an die Teilhabeförderung in Altenpflegeeinrichtungen ausformuliert, durch Good-Practice-Beispiele ergänzt und in Struktur-, Prozess- und Ergebniskriterien unterschieden. Das in dieser Form aufbereitete Musterrahmenkonzept ermöglicht, den Ist-Zustand für die eigene Einrichtung einzuschätzen und möglichen Handlungsbedarf sowie Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen festzuhalten.
Das Projekt STAP blickt somit auf eine ebenso intensive wie produktive Laufzeit zurück und widmet sich nun dem Transfer der Ergebnisse in Politik, Wissenschaft und Praxis. Auch wenn sich während der aktuellen Corona-Krise die Rahmenbedingungen in Altenpflegeeinrichtungen für die Teilhabeförderung gravierend verändert haben (z. B. in Bezug auf Abstandsregeln, Besuchseinschränkungen), ist die Ausgangsfrage von STAP – die Frage nach der Verwirklichung des Rechts auf selbstbestimmte Teilhabe von Bewohner*innen stationärer Altenpflegeeinrichtungen – ebenso in Zeiten einer langwierigen Pandemie zu beantworten. Denn auch in dieser Situation gilt es, Zugänge, Wege und Lösungen zu finden, wie die selbstbestimmte Teilhabe der Bewohner*innen – nun unter Berücksichtigung angemessener Schutz- und Hygienemaßnahmen – unterstützt und gewährleistet werden kann. Daher behalten die Studienergebnisse grundsätzlich ihre Gültigkeit.
Ideengeber für das Projekt war Prof. Dr. Harry Fuchs (Honorarprofessor am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften). Die Trägerschaft und Projektleitung von STAP lag beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V., während die wissenschaftliche Leitung und Durchführung durch die Hochschule Düsseldorf erfolgte. Auf Seiten des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln e. V. lag die Leitung bei Helene Maqua; Henry Kieschnick war als Projektmitarbeiter und Ingeborg Heinrich als Projektassistenz tätig. Die wissenschaftliche Durchführung erfolgte auf Seiten der Hochschule Düsseldorf unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Bleck (bis August 2017 gemeinsam mit Prof. Dr, Simone Leiber) durch die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen Laura Schultz, Ina Conen, Timm Frerk (bis April 2019) und Stefanie Henke (ab Juli 2019). Fortlaufend beraten wurde das Projekt im Bereich „Teilhabe“ durch Prof. Dr. Harry Fuchs und im Bereich „Pflege/Pflegepolitik“ durch Prof. Dr. Simone Leiber (Universität Duisburg-Essen).
Der Abschlussbericht ist in der Nomos eLibrary kostenlos abrufbar. Das Musterrahmenkonzept ist auf der Projekthomepage von STAP verfügbar.
Ansprechpartner*innen für weitere Informationen und Nachfragen zum STAP-Projekt sind in der Hochschule Düsseldorf Prof. Dr. Christian Bleck und beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V. Helene Maqua.