Können Studierende an einem internationalen politischen Prozess mitwirken? Sie können! Studierende der Sozialen Arbeit der Hochschule Düsseldorf (HSD) haben Beiträge zum aktuellen Staatenberichtsverfahren zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland geleistet. Diese Beiträge sind eingeflossen in einen Bericht des Netzwerks Kinderrechte („National Coalition Deutschland“), der am 22.10.2019 in Berlin vorgestellt wurde.
Hintergrund zum Verfahren: Staaten, die einen völkerrechtlich verbindlichen Menschenrechtsvertrag unterschrieben haben, sind verpflichtet, regelmäßig über die Umsetzung zu berichten. Die Kinderrechtskonvention, die vor 30 verabschiedet und auch von Deutschland ratifiziert wurde, gehört dazu. Aktuell läuft ein entsprechendes Verfahren in Deutschland. Die Bundesregierung hat dazu im Frühjahr 2019 den Staatenbericht vorgestellt. Dann hatten zivilgesellschaftliche Akteure sechs Monate Zeit, dem zuständigen VN-Kinderrechtsausschuss sogenannte „ergänzende Berichte“ vorzulegen. Über 100 Organisationen und Verbände haben sich in einem Netzwerk zusammengeschlossen („National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention“) , um einen gemeinsamen Bericht vorzulegen. Der Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der HSD arbeitet in diesem Netzwerk mit.
In einem Semesterprojekt unter Leitung von Prof. Dr. Katja Neuhoff und Prof. Dr. Walter Eberlei haben über 100 Studierende im Wintersemester 2018/19, an der Kommentierung und Formulierung von Textentwürfen für den Netzwerk-Bericht mitgearbeitet. Themen wie Kinderarmut, Gewalt gegen Kinder, Beteiligung von Kindern, Nichtdiskriminierung von Kindern und viele andere mehr wurden recherchiert und in Arbeitsgruppen intensiv bearbeitet und diskutiert und flossen in die Weiterarbeit des Netzwerks ein. Der Alternativbericht der Zivilgesellschaft ist insofern auch unter Mitarbeit von HSD-Studierenden entstanden.
Ein zusätzliches Thema, das dem Netzwerk auf Initiative von Prof. Neuhoff und Prof. Eberlei vorgeschlagen und mit den Studierenden entwickelt wurde, ist die Verankerung kinderrechtlicher Bildung in die Studiengänge der Sozialen Arbeit. Zur Begründung verwiesen wird darauf, dass etwa eine Million Erwerbstätige in Deutschland in sozial- und kindheitspädagogischen Handlungsfeldern mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Hier wird ein „enormes, aber zu wenig genutztes Potenzial zur Verteidigung der Kinderrechte“ gesehen, heißt es weiter. Daraus ergibt sich nun eine wörtliche Empfehlung im Bericht des Netzwerks, die dem VN-Kinderrechtsausschuss vorgelegt werden wird: „in Zusammenarbeit mit den Bundesländern darauf hinzuwirken, dass Kinder- und Menschenrechtsbildung in allen Ausbildungs- und Studiengängen verankert wird, die Fachkräfte auf Arbeitsfelder vorbereiten, die (…) der Fürsorge für das Kind oder dessen Schutz dienen".
Update: Oktober 2022
Inzwischen hat der VN-Kinderrechtsausschuss alle Empfehlungen geprüft und sie am 13. Oktober 2022 der Bundesregierung übergeben. Auch die Empfehlung zur systematischen Verankerung von Kinderrechtsbildung in den Ausbildungsgängen für Soziale Arbeit hat er in seine „Abschließenden Bemerkungen“ zum Staatenberichtsverfahren einfließen lassen. Diese haben zwar keine rechtliche Verbindlichkeit, sind aber ein starkes politisches Signal an die Politik und Aufforderung an die Hochschulen für Soziale Arbeit udn Kindheitspädagogik, Menschenrechtsbildung in ihren Studiengängen systematisch zu verankern!
Und hier die Pressemitteilung des Netzwerks zur Veröffentlichung des Berichts:
Textauszug aus den Empfehlungen des Ausschusses an die Bundesregierung:
12. [...] The Committee recommends that the State party:
[...]
(b) Ensure systematic training on children’s rights, the Convention and the Optional Protocols thereto for all professionals working for and with children, in particular those working in education, social work, migration and justice;
(c) Integrate human rights education into the study programmes of relevant professional groups and provide financial support and incentives for research in the area of human rights education for relevant professional groups.