Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereich Sozial- & Kulturwissenschaften
Faculty of Social Sciences and Cultural Studies
Sozial- und Kulturwissenschaften / FSPE, Forschungsprojekt, Partizipation
28/06/2021

Post Corona-Projekt in Düsseldorf-Rath

​​Weiterentwicklung​ sozialräumlicher Analyse- und Befragungsmethoden in der post Corona-Zeit 


Sozialräumliche Analyse- und Beteiligungsmethoden, wie beispielsweise Begehungen oder subjektive Landkarten, haben sich - ausgehend von der Kindheits- und Jugendforschung - heute auch in anderen Forschungsbereichen etabliert, etwa auch der Altersforschung. Sie werden eingesetzt im Bereich von Sozialraumanalysen aber auch zur Untersuchung konkreter Orte (vgl. Projekte: „Jugendliche in Shopping-Malls“, „die Sicht der Kinder auf die Ganztagsschule“, etc.). Auch im Rahmen einer Forschung zur Flüchtlingsarbeit (Projekt INTESO), wurden die Methoden eingesetzt, um die Situation junger Geflüchteter sichtbar zu machen. Die Methoden sind handlungsorientiert, animierend und aktivierend, zugleich analytisch und erkenntnisorientiert und deshalb als Methoden der Aktionsforschung und Feldforschung in vielfacher Weise und sehr flexibel einsetzbar.
 
Der besondere Aspekt ist, dass Kinder, Jugendliche aber auch die Nutzer*innen von Institutionen etc. als Expert*innen ihrer Lebenswelten ernst genommen und einbezogen und nicht nur abgefragt werden. Die meisten Methoden (Autofotografie, Befragung von Schlüsselpersonen, Nadelmethode, Zeitbudgets, vgl. www.sozialraum.de) werden im direkten Kontakt mit Nutzer*innen eingesetzt, sind sehr niedrigschwellig und eigenen sich auch in Verbindung mit Praxisprojekten sowohl in Institutionen als auch im öffentlichen Raum.
 

Digitalisierung und Einsatz der Methoden unter Corona-Bedingungen

 
Schon vor der Corona-Zeit beschäftigte man sich mit der Frage der Digitalisierung dieser Methoden, so etwa im Bereich der Nadelmethode, zu der es interessante Überlegungen gibt, die man aber auch kritisch diskutieren kann (Quelle s.u.).
Die Digitalisierung wird auch in Bereichen wie der Schulsozialarbeit, mobiler Arbeit mit Jugendlichen, Streetwork usw. diskutiert, wobei soziale Netzwerke ebenso genutzt werden, wie neu entwickelte Apps oder digitales Kartenmaterial wie bspw. bei dem Projekt Kiezatlas aus Berlin (Quelle: www. kiezatlas.de).
Unter Corona-Bedingungen stellen sich nun zwei Entwicklungen dar, die in unserem Projekt zusammengezogen werden sollen: Die oben skizzierten, niedrigschwelligen Merkmale im direkten Kontakt mit Kindern und Jugendlichen und weiteren Nutzer*innen-Gruppen sind in der Corona-Zeit mit Abstandsregelungen, Distanz, Anmeldung und Einzelkontakten nicht mehr vereinbar und die Methoden nur ansatzweise durchführbar. Gerade die Stärken der Methoden können in der Corona-Zeit nicht ausgespielt werden. Gleichzeitig findet in allen gesellschaftlichen Bereichen ein enormer Digitalisierungsschub statt, der auch die Praxis der Sozialen Arbeit, aber auch die Sozialwissenschaften selbst umfasst. Die schon vor der Corona-Pandemie diskutierten Fragen der Digitalisierung stellen sich nun also nicht nur unter den akuten Bedingungen der Forschungsarbeit in Pandemiezeiten, sondern auch unter dem Aspekt einer nachhaltigen Digitalisierung, die auch zahlreiche neue Ansätze, Techniken, Medien, etc. hervorbringt.
 
 Die Zielsetzung des Projektes
 
besteht darin, anknüpfend an die oben genannten Entwicklungen einige zentrale Methoden aus dem sozialräumlichen Methodensets zur Digitalisierung, bzw. digital zu begleiten. Im Einzelnen geht es darum:
 

  • Analoge Methoden digital zu begleiten im Sinne einer Verknüpfung von Räumen, etwa im Bereich von Begehungen, Befragungen etc.

  • Umwandlung analoger in digitale Methoden; am Beispiel der Nadelmethode wurde dies schon ansatzweise entwickelt, wie können auch andere Methoden digitalisiert werden?

  • Entwicklung hybrider Formate und Methoden, die gleichzeitig analog und digital genutzt werden können.

  • Können analoge oder auch (neue) digitale Methoden barrierefrei(er) gestaltet werden? Kann die digitale Kommunikation hierfür weitere Möglichkeiten schaffen, um (analoge) Methoden zugänglicher /niederschwelliger  zu machen?

 
Die Hauptzielgruppe der Kinder und Jugendlichen sollen in den Blick genommen werden, darüber hinaus aber auch andere Personengruppen, wie Erwachsene und ältere Menschen, gerade im Bereich der Digitalisierung. Ein Nebenziel ist es die analogen und neu aufkommenden digitalen Methoden dahingehend zu überprüfen, ob sie nicht barrierefreier (um)gestaltet werden können.
 
Ziel ist die Entwicklung eines digitalisierten Methodensets, das in Zukunft auch nach der Corona-Zeit genutzt werden kann, weil wir davon ausgehen, dass die Digitalisierung in fast allen gesellschaftlichen Bereichen nicht oder nur kaum zurückgedreht wird. Insofern stellt sich die Frage der Digitalisierung nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Situation!
 
Kinder- und Jugendbefragung im Düsseldorfer Stadtbezirk 6
 
Durch die Düsseldorfer Bezirksvertretung 6 wurde das Institut für sozialraumorientierte Praxisforschung und Entwicklung (ISPE) beauftragt mithilfe partizipativer Methoden die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen im Bezirk 6 zu untersuchen. Die Befragung soll primär als Grundlage für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendarbeit dienen.
 
Mit Kurzinterviews und der Nadelmethode sollen insbesondere die Lebenswelt und Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen in den Blick genommen werden. Ziel der Methoden ist es, den „eigenen Blick“ der Kinder und Jugendlichen auf ihre Lebenswelten zu eruieren. Die Kinder und Jugendlichen werden dabei als die Expert*innen ihrer Lebenswelt befragt.
 
Als Anlaufstellen und Untersuchungsorte stehen die beiden Jugendfreizeitstätten:

  • Theo Club, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung, Träger ist der SWT e.V. - Selbstverwaltetes Wohnprojekt Theodorstraße

  • Ekkehardstraße, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung, Träger ist das Jugendamt der Landeshauptstadt Düsseldorf

  • Wilhelm-Ferdinand-Schüßler-Tagesschule, Gemeinschaftshauptschule, Heinrich-Heine-Gesamtschule 

Um auch eine weitere Perspektive einzuholen ist geplant, mit Akteur*innen aus dem Stadtbezirk sechs leitfadengestützte Interviews zu führen sowie eine Stadtteilbegehung durchzuführen.
 
 
Projektleitung: Prof. Dr. Ulrich Deinet

Projektteam: Kymon Ems, Laura Petzold, Sophie Thomas

Laufzeit: 2021​