Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereich Sozial- & Kulturwissenschaften
Faculty of Social Sciences and Cultural Studies

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Sozial- und Kulturwissenschaften / Forschung, Kooperationen
12.08.2015

MÄNNEP – neue Forschungsergebnisse

Immer mehr Männer müssen die Pflege ihrer Angehörigen und ihre Berufstätigkeit parallel organisieren. Dabei wenden sie andere Strategien an als pflegende Frauen. Im Mittelpunkt steht für viele Männer ihre Erwerbstätigkeit, die Pflege wird um den Beruf herum geplant. Das ist eines der zentralen Ergebnisse des Forschungsprojektes „Männer zwischen Erwerbstätigkeit und Pflege“ (MÄNNEP) der Hochschule Düsseldorf, Fachhochschule Köln und Justus-Liebig-Universität Gießen. Das Kooperationsprojekt wurde von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert.

 

Die häusliche Pflege gewinnt in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Von derzeit rund 2,5 Millionen Pflegebedürftigen werden etwa 70 Prozent zu Hause versorgt, die meisten von ihren Angehörigen. 2010 waren 28 Prozent der Hauptpflegepersonen männlich, der Anteil der pflegenden Söhne hat sich seit 1998 verdoppelt. „Vor diesem Hintergrund wollten wir wissen: Wie organisieren Männer die doppelte Aufgabe von Beruf und Pflege? Wie sehen gut funktionierende Lösungsmuster aus? Und wie können die Unternehmen ihre pflegenden Mitarbeiter unterstützen?“, sagt Prof. Dr. Simone Leiber von der Hochschule Düsseldorf.

Um den Alltag pflegender Männer zu untersuchen, nahmen die Projektpartnerinnen Kontakt zu Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen auf, die sich selbst als sensibel für diese Fragestellung bewerten. Dort führten sie 37 qualitative, leitfadengestützte Interviews mit pflegenden Söhnen und befragten pro Unternehmen je ein Mitglied aus der Mitarbeitervertretung sowie der Unternehmensleitung oder Personalabteilung.

Keine Vereinbarkeitsprobleme bei pflegenden Männern?

„Unsere Interviewpartner übernehmen umfangreiche Aufgaben in der Pflege“, sagt Prof. Dr. Sigrid Leitner von der Fachhochschule Köln. „Mehr als die Hälfte sind Hauptpflegepersonen, 15 von ihnen leisten pro Woche mindestens 14 Stunden Pflege-, Versorgungs- und Betreuungsarbeit. Dabei sind wir von einem weiten Pflegebegriff ausgegangen. Pflege bedeutet für uns Körperpflege, aber auch Begleitung zum Arzt oder zu Behörden, Einkäufe und ähnliches“, so Leitner. Trotz dieser Belastungen arbeiten 30 von 37 Befragten weiter in Vollzeit, nur wenige reduzieren ihre Stunden oder verschieben ihre Kernarbeitszeit.

​„Trotz dieser umfangreichen Pflegetätigkeit geben 26 von 37 Söhnen an, keine Vereinbarkeitsprobleme zu haben“, erläutert Dr. Diana Auth von der Justus-Liebig-Universität Gießen. Dies liege daran, dass die Erwerbstätigkeit weiterhin im Mittelpunkt steht. Die Pflege der Angehörigen werde so angepasst, dass sie mit dem Beruf in Einklang gebracht wird – oft mit Hilfe eines großen Netzwerks aus professionellen Pflegediensten, Partnerinnen und Verwandten. „Auch wenn die befragten Männer keine Probleme mit der Vereinbarkeit sehen, halten wir diese Strategie nicht für empfehlenswert“, betont Auth. Denn in den Interviews seien auch die Nachteile sehr deutlich geworden. Viele Befragten klagten über große Belastungen und mangelnde Erholung und Freizeit. 

Strategien der Unternehmen

Eine wichtige Unterstützung könnten die jeweiligen Arbeitgeber leisten. Viele der befragten Unternehmen boten Arbeitszeitflexibilisierungen an, hielten Informationen zum Thema Pflege bereit oder schulten ihre Führungskräfte. Auch die Benennung konkreter Ansprechpartner oder die Kooperation mit externen Anlaufstellen sind verbreitet. „Obwohl wir bewusst in Unternehmen gegangen sind, die sich selbst als pflegesensibel bezeichnen, haben wir einen sehr unterschiedlichen Umfang der angebotenen Maßnahmen festgestellt und in vier Betrieben auch Hinweise auf Anwendungsprobleme“, sagt Leiber.

Die Anwendungsprobleme beruhten häufig auf einer sehr leistungsorientierten Unternehmenskultur, die eine flexibilisierte oder reduzierte Arbeitszeit nicht toleriert sowie einem fehlenden Vertrauen in die Mitarbeiter oder einem traditionellen Geschlechterbild, das Pflege eher als Frauensache betrachtet, so Leitner. „Unternehmen können ihre pflegenden Angestellten sehr aktiv unterstützen. Grundlage dafür ist aber immer eine pflegesensible Unternehmenskultur“, ergänzt Auth. Die Forscherinnen konnten zwei Erfolgspfade identifizieren: Großunternehmen betreiben häufig sehr umfangreiche Maßnahmen, während kleine und mittlere Unternehmen eher auf informelle Absprachen und Flexibilität setzen. „Zwei Typen von Vorgesetzten sind für pflegende Männer besonders problematisch: Ältere, konservative Führungskräfte, die nicht akzeptieren, dass auch Männer pflegen, und junge Chefs, die mit dem Thema privat noch nicht in Kontakt gekommen sind“, so Auth.

 

Weitere Informationen

www.projekt-maennep.de​