Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereich Sozial- & Kulturwissenschaften
Faculty of Social Sciences and Cultural Studies

​​​​Kurzbeschreibung

Informelles Zivilgesellschaftliches Engagement im Sozialraum. Eine qualitative Studie zu Barrieren der Teilhabe an gemeinwohlstärkendem Engagement mit spezifischem Blick auf die Ursachen der Nicht-Nutzung

Zivilgesellschaftliches Engagement gewinnt zunehmend an Bedeutung. Zahlreiche aktuelle Forschungsarbeiten belegen jedoch, dass spezifische Personengruppen unterdurchschnittlich häufig zivilgesellschaftlich engagiert sind. Diese Gruppen lassen sich zusammenfassend als strukturell sozial Benachteiligte fassen. Ehrenamtliches Engagement wird insbesondere dann sichtbar, wenn Bürger*innen sich institutionell engagieren. Unbeachtet bleiben dagegen oftmals jene, die sich informell, also alleine bzw. in Gruppen selbstständig organisieren. Folglich wird dieses sogenannte informelle Engagement nicht erfasst und kann somit weder (institutionell) genutzt werden, noch haben die sogenannten ‚informellen Ehrenamtlichen‘ die Option, von der institutionellen Unterstützung oder von der gesellschaftlichen Anerkennung zu profitieren. Gleichsam gibt es im Hinblick auf die Gruppe der strukturell sozial Benachteiligten auch jene, die sich nicht engagieren (können) und somit einerseits weder an dieser Form der Produktion von Gemeinwohl beteiligt sind und andererseits auch nicht von den Vorteilen und positiven Aspekten eigener ehrenamtlicher Tätigkeit profitieren. Gegenstand der Studie IZESO ist folgend die Erforschung von:
 
(a)    Gründen für das (ausbleibende) zivilgesellschaftliche Engagement von Menschen, die strukturell sozial benachteiligt sind,
(b)   institutionellen Blockierungen und Barrieren, die den Zugang zu institutionell organisiertem Ehrenamt verhindern,
(c)    bestehenden Formen des Engagements im Alltag, das von gängigen Definitionen nicht als zivilgesellschaftliches Engagement erfasst wird.


Relevanz des Sozialraums

Um den Zugang zu den im Fokus stehenden Personengruppen zu bekommen ist eine reine Ansprache über Institutionen, die zivilgesellschaftliches Engagement koordinieren, nicht zielführend. Vielmehr müssen die Personengruppen konsequent in ihrem Alltag, ihrem Sozialraum aufgesucht und kontaktiert werden. Zudem zeigen gegenwärtige empirische Analysen, dass gerade informelles Engagement häufig im Nahraum stattfindet. Aus diesem Grund steht eine sozialräumliche Herangehensweise in zwei Untersuchungsgebieten im Fokus. Die beiden Sozialräume – „Südlich Sankt-Franziskus-Straße“ (Düsseldorf-Rath) und „Rund um Eller-Mitte“ (Düsseldorf-Eller) –  wurden unter Einbezug der Daten aus der Sozialräumlichen Gliederung der Stadt Düsseldorf (2017) ausgewählt, da dort jene Personengruppen leben, die im Fokus des Forschungsvorhabens stehen. ​


Forschungsdesign

Die Zielsetzung des Forschungsprojektes birgt die Herausforderung Praxen zu untersuchen, die nicht an eine Institution gebunden sind. Die Frage nach den Gründen für das Ausbleiben institutionell wahrnehmbaren zivilgesellschaftlichen Engagements verlangt nicht nur eine Nähe der Forscher*innen zu den Handelnden, sondern auch ein offenes und flexibles Design. Auf Grund dessen wird, in Anlehnung an die Grounded Theory Methodologie ein dreistufigen „Research-driven“-Ansatz gewählt.

Aufbauend auf ersten Gesprächen zur Erschließung der Untersuchungsfelder wird in der ersten Stufe eine ethnografische Feldforschung durchgeführt. Die im Ergebnis vorliegenden Feldnotizen basieren dabei auf Beobachtungsgängen und Gesprächsnotizen sowie Kurzinterviews mit verschiedenen Personen, die im Sozialraum angetroffen wurden (u.a. an Spielplätzen, Marktständen, Cafés, im Einzelhandel oder durch ‚Fenstergespräche‘). Ergänzt werden diese Methoden durch leitfadengestützte Interviews mit Anwohner*innen und Sozialraumtagebüchern. Daran anknüpfend werden in Stufe zwei weitere leitfadengestützte Interwies in Form von Expert*inneninterwies oder Fokusgruppen geführt, bevor abschließend in Stufe drei die Ergebnisse im Sinne einer kommunikativen Validierung im Sozialraum vorgestellt und diskutiert werden.

Alle Stufen bauen aufeinander auf und nutzen die vorhergehenden zur Modifizierung der Instrumente und Thesen. Das bedeutet auch, dass der Umfang und die Bedeutung der gesetzten Begriffe Sozialraum und zivilgesellschaftliches Engagement als Ausgangspunkt sich im Laufe des Projektes analog zum Gegenstand präzisieren und verändern.
Zur Qualitätssicherung und Erweiterung der Perspektiven werden die Ergebnisse und Erkenntnisse forschungsbegleitend mit Personen aus der Wissenschaft und Praxis diskutiert sowie von einem wissenschaftlichen Beirat und zwei Projektgruppen in regelmäßigen Abständen begutachtet.


 
Erste Feldphase – August bis Oktober 2020

Die erste Feldphase im Untersuchungsgebiet I (Düsseldorf-Rath) fand von August bis Oktober 2020 statt. Als Anlauf- und Aufenthaltsstelle wurde vor Ort ein Pop-Up Befragungsladen eingerichtet. Dort, wie auch an verschiedenen Orten im Viertel, wurden die unterschiedlichen Befragungsinstrumente eingesetzt, um den Blick der Bewohner*innen auf die Ausgangsfragen aufnehmen zu können.
 
 
Zweite Feldphase – August bis Oktober 2021

Im August 2021 startete die zweite Feldphase im Untersuchungsgebiet II (Düsseldorf-Eller). Hierzu wurde erneut ein zentral gelegenes Ladenlokal im untersuchten Sozialraum angemietet. In der Zeit bis Ende Oktober 2021 konnte das Forschungsprojekt anknüpfend an die Erkenntnisse und Erfahrungen aus der ersten Feldphase dort fortgesetzt werden. 

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Anpassungen des Forschungsvorgehens aufgrund der Corona-Pandemie - März bis Oktober 2020

Aufgrund der Corona-Pandemie und den hiermit verbundenen politischen Maßnahmen und gesellschaftlichen Umbrüchen konnte die ethnografische Feldforschung nicht wie geplant im Frühjahr 2020 beginnen. Das Forschungsvorhaben wurde zeitnah angepasst, um die Ereignisse und Dynamiken, mit einem speziellen Blick auf zivilgesellschaftliches Engagement in Feldern der Sozialen Arbeit, in der Corona-Zeit, festzuhalten. Hierzu wurden von März bis Oktober 2020 neben Literatur- und Dokumentenrecherchen (einschlägige digitale soziale Netzwerke, Zeitungen etc.) wiederkehrende Telefoninterviews mit Expert*innen (N=29, in fünf Runden) verschiedener Handlungsfelder der Sozialen Arbeit aus dem Düsseldorfer Stadtgebiet durchgeführt. 


Ergebnis-Transfer

Projektbegleitend finden die Ergebnisse Eingang in relevante Praxisfelder und die Scientific Community und werden einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


Finanzierung und Laufzeit

Das Forschungsprojekt hat eine Laufzeit von drei Jahren (12/19 – 11/22) und wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. 


​Publikationsliste

Funk, Christian & Scholten, Lisa (2022): Engagementprofile in formalisierten und informellen Settings. Ergebnisse des ethnografischen Forschungsprojekts IZESO - Informelles Engagement im Sozialraum. In: Gille, Christoph & Jepkens, Katja (Hrsg.): Zivilgesellschaftliches Engagement: Ausschlüsse und Teilhabe. Sonderband Voluntaris.

Scholten, Lisa & Jepkens, Katja (2022): Formalisiertes und informelles Engagement: Chancen und Herausforderungen der Teilhabe spezifischer Engagementformen. In: Gille, Christoph & Jepkens, Katja (Hrsg.): Zivilgesellschaftliches Engagement: Ausschlüsse und Teilhabe. Sonderband Voluntaris.

van Rießen, Anne (2021): (Re)Politisierung Sozialer Arbeit - eine Chance in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche? Empirische Analysen im Hinblick auf die (Re)Aktionen Sozialer Arbeit während der Corona-Pandemie. In: Lutz, Ronald; Steinhaußen, Jan & Kniffki, Johannes (Hrsg.): Gesellschaft und Soziale Arbeit. Neue Perspektiven und Pfade, Weinheim, S. 317-330.

van Rießen, Anne; Scholten, Lisa & Funk, Christian (2020): Soziale Arbeit in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche. In: Soziale Arbeit 11/2020, Berlin, S. 404-410.




























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