Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereich Sozial- & Kulturwissenschaften
Faculty of Social Sciences and Cultural Studies
Sozial- und Kulturwissenschaften / Forschung, Ganztagsschule, Kinder
26.05.2015

Die Ganztagsschule (OGS) aus Sicht der Kinder

Neues Forschungsprojekt der Forschungsstelle für sozialraumorientierte Praxisforschung und Entwicklung (FSPE) an sechs Schulstandorten in Düsseldorf

Im Schuljahr 2003/2004 wurde in Nordrhein-Westfalen (NRW) die Ganztagsschule eingeführt. Diese ist in NRW im Primarbereich in einer Kooperation von Schule und Trägern (meist aus der Jugendhilfe) organisiert. In Düsseldorf besuchen ca. 70% der Grundschulkinder eine Ganztagsschule. Bis 16.00/16.30 ist die Schule heute der Ort, an dem sich Kinder außerhalb der Familie tagsüber aufhalten. Deshalb ist die Frage von großer Bedeutung, wie Kinder diesen Ort wahrnehmen, welche Bedeutungen sie den einzelnen Räumen, dem Schulgelände, insbesondere dem Schulhof geben, welche Nutzungen sie entwickeln.

Im Sinne einer ganzheitlichen Bildung ist es gerade für die Schule und OGS wichtig, eine Umgebung zu schaffen, die angstfreies Lernen ermöglicht und die Bedürfnisse der Kinder mit einbezieht. Für die Weiterentwicklung der OGS ist die Perspektive der Kinder äußerst bedeutend. Nur so lässt sich feststellen wie die Atmosphäre, die räumliche Gestaltung oder die Angebotsstruktur in der OGS von den Nutzer/-innen selbst erlebt werden.

Die Ergebnisse des vom Schulverwaltungsamt der Stadt Düsseldorf beauftragten Projekts sollen einen Beitrag zu einer möglichen Weiterentwicklung des Ganztags und seiner konkreten Gestaltung an den einzelnen Schulen liefern. Sie können auch eine Grundlage für Gestaltungsprozesse sein, die vielerorts aufgrund der Veränderung von Schule vom „Halbtag“ zum „Ganztag“, aber auch aufgrund der Renovierungsbedürftigkeit vieler Schulen notwendig sind. Dafür spielt auch zunehmend die Eingebundenheit und die Öffnung der Schule in den jeweiligen Sozialraum als Stadtteil eine Rolle.

Ziel des Projektes ist es, die Sichtweise der Kinder auf den Lebensort Schule zu eruieren. Die Kinder wurden dabei als die Expert/-innen ihrer Lebenswelt betrachtet und mit einem Mix aus qualitativen und quantitativen Methoden der empirischen Sozialforschung befragt. Neben einem Kinderfragebogen wurden für die Erhebung ausschließlich Methoden ausgewählt, die partizipativ ausgerichtet sind und Kinder im Rahmen der Aktions- und Feldforschung aktiv am Forschungsprozess beteiligen. Die Methoden waren gleichzeitig analytisch (um die Sicht der Kinder zu erheben), animierend (aktivieren die Kinder, machen Spaß) und in hohem Maße partizipativ (die Kinder sind die Experten und werden entsprechend ernst genommen).

Eine der eingesetzten Methoden: digitalisierte Autofotografie

In dieser methodisch weiterentwickelten Form der Autofotografie geht es um die visuelle Erfassung von Lebenswelt und/oder Sozialraum. Dafür trafen sich jeweils sechs Kinder und eine Mitarbeiterin der Forschungsstelle an zwei Terminen. Am ersten Termin wurde den Kindern anhand einer kleinen Geschichte der „Arbeitsauftrag“ verdeutlicht. Da Schule, aus sozialräumlicher Perspektive, nicht an den Mauern des Gebäudes endet, sondern sich darüber hinaus in verschiedener Weise durch die Tage der Kinder zieht, war das Ziel, den Fokus über das Schulgelände hinaus zu richten und auch Aspekte des Schulwegs und des Alltags in die Auswertung mit einfließen zu lassen. Jedes Kind sollte neben Fotografien des Schulhofs also auch Bilder von seinem Schulweg und der Freizeit machen.

Von uns mit einer eigenen Digitalkamera, einem Elternbrief, der Erklärung und Wechselbatterien ausgestattet, hatten die Kinder nun 24 Stunden Zeit, eine kleine Fotostory zu knipsen. Nachdem die Kameras wieder von uns abgeholt und anschließend die jeweiligen Fotos auf verschiedene Laptops gezogen wurden, fand ein zweites Treffen mit den Kindern statt.

Jedes Kind fand nun seine Fotos auf einem eigenen Laptop wieder und sortierte die acht Fotos in ein Dokument, welche von ihm persönlich als Aussagekräftig für die Fragestellungen empfunden wurden. Allein die Auswahl verrät schon einiges über die Priorisieren der Kinder. Jedem Kind wurden nun seine acht wichtigsten Fotos mithilfe eines Fotodruckers ausgedruckt.

Auf ein großes Blatt Papier klebten nun die Schüler/-innen ihre Bilder.

Über jedes Bild wurde im Anschluss eine Überschrift gesetzt. Darunter wurde die Frage beantwortet, warum sie gerade dieses Motiv fotografiert hätten.

Mithilfe der über 20 entstandenen Kollagen können neue Perspektiven auf Sozialraum, Lebenswelt und Schule gegeben werden. Quantitative Daten können auf wertvolle Weise durch diese visuellen Lebensausschnitte der Schüler/-innen ergänzt werden.