Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereich Sozial- & Kulturwissenschaften
Faculty of Social Sciences and Cultural Studies

Aktuelles

Sozial- und Kulturwissenschaften / Geschlechterforschung, Gender Studies, #4genderstudies
18.12.2017

#4genderstudies

Zu der fortgesetzten Infrage­stellung von Gender Studies / Geschlechter­forschung in Medien und Politik hat der Fachbereichsrat Sozial- und Kulturwissenschaften, das Gender Diversity Action Team, die Antidiskriminierungs­beauftragte und der Leiter des Forschungsschwer­punkt Rechtsextremismus/Neonazismus der Hochschule Düsseldorf (FORENA) Stellung genommen:


Stellungnahme anlässlich fortgesetzter öffentlicher Infragestellung von Gender Studies/Geschlechterforschung

Innerhalb seines sozialwissenschaftlichen Forschungsprofils im Allgemeinen sowie seinem besonderen Lehr- und Forschungsschwerpunkt auf Soziale Arbeit im Besonderen sind kritische Perspektiven auf Geschlecht als eine der zentralen Kategorien sozialer Ungleichheit fester Bestandteil der Forschungs- und Lehraktivitäten im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Hochschule Düsseldorf. Viele dieser Theorieansätze und Methoden haben ihren Ursprung in der Wissensproduktion sozialer Bewegungen und anderer Formen der Politik ‚von unten’ und wurden bzw. werden wissenschaftlich weiterentwickelt und differenziert.

Im Mittelpunkt der Analysen sozialer Ungleichheiten und gesellschaftlicher Verhältnisse stehen die dafür in einschlägigen Forschungsdiskussionen als bedeutsam erachteten Kategorien Geschlecht, Klasse, race, ethnische Herkunft, Religion, Alter, Beeinträchtigung, Sexualität oder andere Zuschreibungen, die auch in ihren Verwobenheiten und ihrer wechselseitigen Bedingtheit untersucht werden. Dass diese Kategorien und Zuschreibungen im Alltagsleben der Menschen häufig als ‚natürlich‘ oder als selbstverständlich gegeben vorausgesetzt werden, stellt dabei eine wichtige Grundannahme sozialwissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung dar. Aus dieser wissenschaftlich begründeten Perspektive werden in der Lehre und Forschung gängige Alltagsvorstellungen, so auch jene der von der Natur gegebenen Zweigeschlechtlichkeit, kritisch beleuchtet und im Hinblick auf die damit verbundenen Konsequenzen für soziale Ungleichheit grundlegend hinterfragt.

Wir solidarisieren uns mit Aktivist*innen und Kolleg*innen der Geschlechterforschung, die fortgesetzt – und teilweise auch gewaltförmigen – Angriffen ausgesetzt sind, die im bürgerlichen Feuilleton sowie durch rechtspopulistische und rechtsextreme Stimmen geführt werden.

Beschluss des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften der Hochschule Düsseldorf am 13.12.2017


Forschung zur extremen und populistischen Rechten – ohne Geschlechtertheorie undenkbar

Wie in anderen wissenschaftlichen Forschungsfeldern gilt auch beim Beschreiben, Analysieren und Erklären von Phänomen wie der extremen Rechten, des Rechtspopulismus oder auch von autoritären und nationalistischen Denkmustern und Praktiken, dass diese Forschung im Laufe der Zeit Innovationen aufgenommen hat, um ihrem Untersuchungsgegenstand besser gerecht werden zu können. Im o.g. Forschungsfeld ist die Berücksichtigung und systematische Integration geschlechtertheoretischer Perspektiven seit den 1980er Jahren eine solche Erneuerung und Weiterentwicklung gewesen. Ob hinsichtlich der Beschreibung und Erklärung von Einstellungsmustern, politischen Programmatiken oder der Gewaltpraxis – dies alles lässt sich nicht angemessen verstehen ohne geschlechtertheoretische Perspektiven und Ansätze.

Die Angriffe auf die Geschlechterforschung/Gender Studies sind maßgeblich getragen von einer Weltsicht, in der maßgeblich Biologismen als Begründung einer angeblich wesenhaften Unterscheidung der Geschlechter angeführt werden. Sie sind vielfach motiviert vom Interesse der Verteidigung heteronormativer Geschlechterarrangements als gesellschaftlicher Norm und bedienen damit Paradigmen der Ungleichwertigkeit der Geschlechter. In den Angriffen auf die Geschlechterforschung/Gender Studies finden sich so nicht zufällig Stimmen der gesamten politischen Rechten zusammen.


Prof. Dr. Fabian Virchow
Leiter des Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus der Hochschule Düsseldorf (FORENA)
Düsseldorf, 18.12.2017



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Gemeinsame Stellungnahme des Gender Diversity Action Teams und der Antidiskriminierungsbeauftrag­ten der HSD anlässlich fortgesetzter teilöffentlicher Infragestellung von Gender Studies

Diskriminierung ist im gegenwärtigen politischen Klima ein Thema zunehmender Relevanz in der Gesellschaft – so auch an Hochschulen. Hochschulen haben nicht nur einen gesellschaftspolitischen Auftrag, durch Bildung zur Gestaltung einer Gesellschaft beizutragen, in der die Prinzipien der Gleichstellung und Antidiskriminierung gewährleistet sind, sie unterliegen als öffentliche Bildungsinstitutionen und Arbeitgeberinnen auch selbst dem Anspruch, sensibel mit Diskriminierung umzugehen, Diskriminierungsfaktoren und -risiken zu erkennen und zum Abbau von Benachteiligungen und Barrieren beizutragen. Dies erfordert von allen Akteur_innen entschiedenes Eintreten gegen Diskriminierung und für demokratische Werte sowie kritisches Betrachten und Sicherstellen der Umsetzung dieser Werte. Der Marginalisierung, Nichtachtung oder Verletzung demokratischer Grundrechte aller gesellschaftlicher Gruppen – bezogen auf jedwede Diskriminierungsdimension – ist konsequent und unmissverständlich entgegenzutreten.

Befragungen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigen, dass ca. 40% der geschilderten Diskriminie­rungserfahrungen im Bereich der Bildung auf Hochschulen entfallen: „Auffällig sind die Diskriminierungserfah­rungen anhand des Geschlechts und dort insbesondere die Diskriminierungserfahrungen von Frauen" (Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2017: 301; 150) Hochschule ist insofern zugleich ein Ort der Analyse sozialer Ungleichheiten und trägt selbst zur Herstellung sozialer Ungleichheiten bei.

Seit vielen Jahrzehnten leisten die Gender Diversity Beauftragten, Gleichstellungsbeauftragten und Anti-Diskriminierungsbeauftragten an Hochschulen teilweise auch gegen den Widerstand von Kolleg_innen einen erheblichen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und Verankerung von Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit und Gleichberechtigung. Diese politische Arbeit an Hochschulen wäre ohne den wissenschaftlichen Beitrag der Geschlechterforschung nicht denkbar.

Als Akteur_innen der politischen Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsarbeit solidarisieren wir uns mit Aktivist_innen und Kolleg_innen der Geschlechterforschung, die fortgesetzt – und teilweise auch gewaltförmigen – Angriffen ausgesetzt sind.


Prof. Tanja Kullack
Teamleitung des Gender Diversity Action Team der Hochschule Düsseldorf
Dr. Katja Neuhoff
Antidiskriminierungsbeauftragte der Hochschule Düsseldorf
Düsseldorf,18.12.2017