dokumentation
Prof. Dr. Wolf-Dieter Just - 20.10.2015 - 17 Uhr
AUSVERKAUF EUROPÄISCHER WERTE?
DIE FLÜCHTLINGSPOLITIK DER EUROPÄISCHEN UNION
Dies
war die Auftaktveranstaltung einer Reihe von Vorträgen, die sich im
Wintersemester 2015/2016 mit dem Thema „Flucht und Asyl“ beschäftigen werden.
In
einleitenden Worten haben die Organisatoren der Ringvorlesung zunächst
herausgestellt, dass die aktuelle Diskussion in Politik und Medien und die mit
Sorge zu beobachtende öffentliche Manifestation von Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit, die aktuell bei den Pegida Demonstrationen in Dresden zum
Ausdruck kämen, geradezu dazu herausforderten, sich seitens der Hochschule mit
dem Thema zu beschäftigen und zu positionieren.
Wissenschaft
und Hochschule könnten sich nicht mit dem Argument, Neutralität bewahren zu
müssen, einfach aus dem öffentlichen Diskurs heraushalten. Es ginge vielmehr
darum, aus unterschiedlicher fachwissenschaftlicher Sicht Sachverhalte
aufzuklären und zur Versachlichung der Debatte beizutragen.
Wolf-Dieter Just hat als
Prof. für Ethik und Sozialphilosophie an der Ev. Fachhochschule Rheinland
Westfalen das Thema langjährig in Forschung und Lehre vertreten. Er gehört zu den Gründern der
Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche und war von 1994 bis
2004 Vorsitzender des Vorstands dieses Vereins und ist nun Ehrenvorsitzender der Ökumenischen
Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche.
Die Veranstaltung war sehr gut besucht. Ca. 100
Personen waren gekommen, um sich den Vortrag von Prof. Dr. Wolf-Dieter Just
anzuhören. Darunter waren auch Gäste der Universität von Fès (Marokko), die
sich im Rahmen einer Hochschulpartnerschaft am Fachbereich Sozial- und
Kulturwissenschaft der Hochschule Düsseldorf aufhielten und engagiert in die
Diskussion einbrachten. Insbesondere der Widerspruch zwischen der allgemeinen
Menschenrechtsrhetorik der Politiker_innen in der EU und der faktisch
umgesetzten Politik kam in der Diskussion zur Sprache.
Vortrag (PDF)
Prof. Dr. Daniela Öndül - 3.11.2015 - 17 Uhr
ASYLPOLITIK UND ASYLRECHT 2015.
GRUNDZÜGE, ENTWICKLUNGEN, PERSPEKTIVEN
Ausgangspunkt
des Vortrags war die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland, die im Zuge
internationaler Krisen und Kriege angestiegen ist. Parallel zu dieser
Entwicklung wurden Verschärfungen im deutschen Asylrecht beschlossen, u.a. die
Bewertung von Bosnien Herzegowina, Mazedonien und Serbien als sogenannte
„sichere Herkunftsstaaten“. Darüber hinaus wurden die Möglichkeiten erweitert,
abgelehnte Asylsuchende in Abschiebehaft zu nehmen. Auf europäischer Ebene wird
um die Reform des Dublin-Verfahrens und die Verteilung der Flüchtlinge auf die
Staatengemeinschaft gestritten. Der Vortrag thematisierte sowohl die
Dublinverordnungen als auch die Veränderungen im aktuellen deutschen Asylrecht.
Im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion standen u.a. Fragen nach der geplanten
Einschränkung des Familiennachzugs, der Einrichtung von Transitzonen und der
politischen Bewertung der Verschärfungen im deutschen Asylrecht.
Vortrag (PDF)
Prof. Dr. Fabian Virchow - 17.11. - FÄLLT LEIDER AUS !
RASSISTISCHE GEWALT IN DEUTSCHLAND
Kirsten Ben Haddou - 1.12.2015 - 17 Uhr
DIE SILENT UNIVERSITY: TEILHABE VON GEFLÜCHTETEN AN GESELLSCHAFT UND WISSENSCHAFT
Kirsten Ben Haddou, Koordinatorin der Silent University Ruhr
hat in ihrem Vortrag zunächst die wichtigsten Charakteristika und Ziele der
Silent University skizziert. Die Silent University, ursprünglich initiiert vom
kurdischen Künstler Ahmet Öğüt, ist eine autonome Plattform zum
Wissensaustausch für Akademiker, die ihre Kenntnisse und Fähigkeiten aufgrund
ihres Aufenthaltsstatus oder wegen Nicht-Anerkennung von Abschlüssen nicht als
Lehrende weitergeben können. Zum Schweigen gebrachtes Wissen wird wieder hörbar.
Die Silent University gibt so den Geflüchteten einen Raum, um ihr Wissen
weiterzugeben. Gemeinsam entwickeln die Teilnehmenden Kursinhalte, die ihren
beruflichen Qualifikationen und ihren Reflexionen als Geflüchtete oder
Asylsuchende entsprechen und die sie aus der Rolle der stimmlos Wartenden
herausholen.
Gegründet vom Impulse Theater Festival, dem Ringlokschuppen
Ruhr und Urbane Künste Ruhr hat die Silent University Ruhr ihren Raum gut
sichtbar in der Mülheimer Innenstadt bezogen und erfindet sich als alternative
Ruhr- Universität für alle, die keinen oder nur minimalen Zugang zu
Wissenstransfer und Bildung haben. Eine wichtige Aufgabe des Vereins ist die
Vernetzung mit Partnern in der Kommune und im weiteren Umfeld. Dafür wurden
zahlreiche Verbindungen mit Initiativen und Vereinen im Ruhrgebiet, aber auch
mit den zuständigen Stellen der Stadt Mülheim geknüpft. Die Silent University
Ruhr ist ein langfristiges Projekt, das Schritt für Schritt Kontakte zu
Geflüchteten aufbaut und mit anderen Akteuren vernetzt. Oft werden Vorlesungen
und Seminare in der Muttersprache der Lehrenden gehalten, so dass auch
anderssprachige Gruppen in der Bevölkerung erreicht werden können, die bisher
eher von akademischen Vorträgen ausgeschlossen waren. Die Vorträge werden zudem
übersetzt und auf der gemeinsamen Webseite mit den anderen Silent Universities
in London, Stockholm und Hamburg zugänglich gemacht.
Im zweiten Teil der Veranstaltung hat Abdulrazaq Alzuhayri,
Dozent der Silent University Ruhr, von seiner Referententätigkeit berichtet und
zugleich auf die Hindernisse hingewiesen, die geflüchteten Akademikern den
Zugang zu entsprechend qualifizierten Berufen oder zur Hochschule erschweren
(im Hinblick auf den Erwerb von Deutschkenntnissen, Anerkennung von
Studien-Abschlüssen, Wartezeiten etc.).
In der anschließenden Diskussion unter den ca. 30
Teilnehmenden wurden verschiedene Themen angesprochen: u.a. wie viele Dozenten
und Dozentinnen bereits im Rahmen der Silent University Ruhr arbeiten, an wen
sich die Vorträge richten, welches Publikum erreicht wird, inwiefern
Kooperationen mit anderen Universitäten bestehen, wie solide die Finanzierung
ist und wie eine nachhaltige Verankerung in Zukunft gewährleistet werden kann.
Vortrag (PDF)
Prof. Dr. Cinur Ghaderi - 12.1.2016 - 17 Uhr
PSYCHOSOZIALE ARBEIT MIT FLÜCHTLINGEN
Der letzte Vortrag in der Vortragsreihe zu „Flucht & Asyl als Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Soziale Arbeit“ wurde von Prof. Dr. Cinur Ghaderi aus der Ev. Fachhochschule Rheinland – Westfalen – Lippe gehalten. Dort ist sie seit 2013 als Professorin für Psychologie tätig ist. Zuvor arbeitete sie 12 Jahre als Psych. Psychotherapeutin im „Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge“ in Düsseldorf. Ihre Ausführungen basierten deshalb nicht nur auf ihren theoretischen und empirischen Forschungsergebnissen, sondern speisten sich auch aus ihren fachpraktischen Erfahrungen im Psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge in Düsseldorf.
Ausgehend vom analytischen Fokus Sozialer Arbeit, der sich auf den Abbau sozialer Ungleichheit richte, beschäftigte sich Cinur Ghaderi zunächst mit den spezifischen Spannungsfeldern, die für sie im Kontext von Flucht und Asyl bestehen: (1) Rechtliche Rahmenbedingungen geben eine Struktur vor, die einhergeht mit gleichzeitigen Ungleichzeitigkeiten in der Praxis. (2) Die psychosoziale Arbeit mit Geflüchteten ist geprägt von dem Widerspruch, Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus individuelle und gesellschaftliche Perspektiven zu eröffnen. (3) Das professionelle Handeln bewegt sich unter Bedingungen institutionalisierter Desintegration im Spannungsfeld zwischen Politisierung und Paternalismus und/oder Klientelisierung, zwischen professionsspezifischem Interesse und dem Erhalt des Subjektstatus. In diesem Kontext bezog sie sich auch auf theoretische Debatten, die in der Sozialen Arbeit zu Diversitäts- und Intersektionalitätsansätzen geführt werden. Darauf basierend stellte sie abschließend „Achtsamkeitslinien für Forschung und Praxis“ mit Geflüchteten vor. Insgesamt wurden von Cinur Ghaderi die Rahmenbedingungen psychosozialer Arbeit mit Geflüchteten in Theorie und Praxis benannt und in ihrer Konsequenz für die professionelle Positionierung kritisch reflektiert.
Vortrag_Ghaderi_HSD_20161201.pdf